Äußerst beschwerlich: 1858 erobern die Russen das Bergdorf (Aul) Kituri, es ist die erste größere Schlacht, die Horschelt hautnah miterlebt – und später auf die Leinwand bannt. Rechts: Verwundeten- transport im Gebirge
schwärmt der Maler, der auf Franzö- sisch mit ihnen verkehrt. Die Leidens- fähigkeit des russischen Soldaten beeindruckt ihn: „Wer mit eigenen Augen gesehen, mit welcher Unver- drossenheiten, ja Heiterkeit er all dies erträgt, kann ihm die höchste Achtung nicht versagen.“ Langersehnte Feuertaufe Man nähert sich dem Krieg. Verwun- dete ziehen vorüber; zum ersten Mal sieht der Maler einen brennenden Aul – eines der adlerhorstartigen Berg- dörfer –, dessen „Gebälk und Mauer- werk mit einem dumpfen Schlag in sichzusammenstürzten“.Alserseine langersehnte Feuertaufe erlebt, sin- niert Horschelt, es sei „ein eigenthüm- liches Gefühl, zum Erstenmale dem Feind gegenüber zu stehen; ich möch-
te es eine freudige, aber entschiedene Beklommenheit nennen; davon lässt sich jedoch der anständige Novize Nichts merken“. Er gibt den Abgebrüh- ten, zündet sich eine Zigarre an und hastet mit seiner umgehängten klei- nen Leinwandtasche über das Ge- fechtsfeld. „Nehmen sie ihre weisse Mütze ab, die Zielscheibe ist gar zu
Malerfürst: Durch seine Kaukasus- Gemälde gewinnt Horschelt deutlich an Reputation. Seinen Ruhm kann er aber nur wenige Jahre genießen
gut“, rät ihm einer der Offiziere. 6FKZDQNHQGH6WLPPXQJ
Von Beginn an ist die ungeheure Grau- samkeit dieses Krieges allgegenwärtig. Als die Berg-Miliz von einem Einsatz ins Biwak zurückkehrt, bemerkt Hor- schelt: „Fast Jeder trägt einen bleichen, grinsenden abgeschnittenen Kopf an einem Stocke, Der dort drei überein- ander gespiesste Hände … Der Ueber- fall war vollständig gelungen; ungese- hen kam man gegen Tagesanbruch dicht an das feindliche Lager – Alles schlief. Mit Gebrüll stürzte sich die Miliz auf dasselbe, und metzelte die von panischem Schrecken ergriffenen Feinde nieder.“ Das Wetter ist fürchterlich. „Der Regen strömte unermüdlich herab … Links und rechts sah man in tiefe, düs- tere, durch den Regen halb verschlei- erte Schluchten hinab“, die Rauchwa- ren gehen zur Neige und Horschelt fragt sich, „wie man dumm genug sein könne, so weit zu reisen, um dann an Ort und Stelle das unbehaglichste Le- ben zu führen“. Seine Laune bessert sich wieder, als es im Land der kriegerischen Didos beim Aul Kituri am 1. September 1858
ZUR PERSON Theodor Horschelt
*HERUHQDPŪů0¦U]ŪűūŲ in München, entdeckt Theodor Horschelt schon früh die Begabung des Malers in sich und besucht ab 1848 anderthalb Jahre lang die Kunstakademie. Nach ersten Erfolgen mit Bildern über Jagdszenen bereist er 1853/54 Spanien und Französisch- Nordafrika. Aus dieser Inspiration schöpfend, sorgen seine Bilder über Oasen, Wüsten, Beduinen und Karawanen für seinen Durchbruch als Maler. Nach viereinhalb Jahren im Kaukasus kehrt er im März 1863 nach Deutschland zurück. Zu seiner großen Enttäuschung im Deutsch-Französischen Krieg erst sehr spät als Schlachtenmaler zuge- lassen, stirbt er kurz nach seiner Heimkehr am 3. April 1871 in München an der Diphtherie.
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