Militär & Geschichte

färbte Bart, seine starken Brauen und der grosse schneeweisse Turban ihn zu einer stattlichen Erscheinung“ ma- chen, bemerkt aber: „Schamyl hatte Furcht … ja er zitterte sogar sichtlich.“ Diese Begebenheit hält Horschelt in einem Monumentalbild fest, das sein berühmtestes Werk werden

stolz, dass er jetzt „Besitzer eines drei- fach dekorirten Lungenflügels“ sei. Der Krieg zieht den Maler immer noch in seinen Bann, denn die Entbeh- rungen des Kampfes „stählen den Mann an Geist und Körper und erhe- ben ihn über die Allthäglichkeit des Lebens“, wie er meint. Im Januar 1860

Erlebnisse in Aquarellen einfängt. Lange hält es ihn aber nicht in der Etappe. Im Januar 1859 schließt er sich einer neuen Armeeabteilung an, die in Tschetschenien den Aul Weden be- lagert, das Hauptquartier des Wider- standsführers Schamil. „Ich selbst sah mich schon zwischen einem fürchter- lichen Leichenhaufen sitzen und das Portrait des todten Schamyl zeichnen“, erinnert sich Horschelt. Die Belage- rung zieht sich über Monate hin und der Gesuchte entwischt. Doch Scham- ils Zeit läuft ab. Schamils Untergang Im August 1859 zieht Horschelt ge- meinsam mit der Armee seines Gön- ners, des Fürsten Barjatinski, gegen die letzte Stellung Schamils, den Aul Gunib hoch in den Bergen Dagestans. Barjatinski lässt 16.000 Mann zusam- menziehen und den Imam und seine letzten 400 Getreuen belagern. „Der Aul war von Soldaten und Miliz so um- zingelt, dass auch keine Katze hätte entwischen können“, berichtet Hor- schelt, der abermals an vorderster Front zu finden ist. Angesichts der Übermacht hat Schamil keine Wahl mehr und ergibt sich den Russen. Der Maler mustert den Gefangenen und findet, dass „der grosse, tief rothge-

Die brutale Vernichtung von 70 Dörfern zählt zu seinen letzten Fronterfahrungen.

Schlüsselmoment: Die Szene von der Kapitulation des Imams Schamil (mit weißem Tur- ban) gegenüber Fürst Barjatinski hält der Maler in diesem auf- wendigen Bild fest

sollte,„einemühsame…Arbeit“,daer darin rund 40 reale Personen nach dem Leben malt. Für seinen Einsatz bei der Truppe wird er vom Zaren mit drei Medaillen geehrt und vermerkt

reist er zur „rechten Flanke“ der russi- schen Kaukasus-Armee, die zur end- gültigenUnterwerfungderTscherkes- sen ansetzt. Als sich Horschelt der neuen Front nähert, ist er ganz begeis- tert: „Umgehauene Bäume, rauchen- de Ruinen, da und dort Todte und Ver- wundete, alles das sah ich mit sol- chem Vergnügen wieder, wie man es beim Wiedersehen eines alten Freun- des empfindet, von dem man lange getrennt gewesen.“ Die Kämpfe sind eine Abfolge von Schusswechseln, Vorstößen durch brennende Trümmer und systemati- scher Zerstörung aller Dörfer. Die nie- dergebrannten Häuser „glichen un- sern hölzernen, mit Stroh bedeckten Bauernhäusern Niederbayerns“, fällt ihm auf. Wieder ist er vorne bei der

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