Militär & Geschichte

kämpfenden Truppe zu finden. „Ich zeichnete mit den niedermetzelnden Soldaten förmlich um die Wette“, er- innert er sich später. Den brutalen Vernichtungskrieg der Russen kom- mentiertermitunbeteiligtenWorten: „Köstliche Lage des Auls, wundervolle Vegetation – Alles verschwindet nach und nach unter dem Beile.“ Die Ge- fechte gehen nicht über Geplänkel um Dörfer hinaus, die von den Russen an- gezündet werden: „Bald loderte das Feuer empor und riesige rothe Rauch- säulen zeichneten sich auf dem in Morgengluth stehenden Himmel ab.“ Verwüstet und verbrannt Immer wieder erblickt er das Grauen des Krieges: „Das Stöhnen und der To- deskampf der Aermsten, die hier mit gespaltenenSchädelnnebendemWe- ge lagen und uns angrinsten war er- schütternd.“ Man bringt eine schwer verwundete Gefangene ein, „bluttrie- fend, beinahe vollständig nackt“. Ne- ben ihr liegt ein achtjähriger, „in die Brust geschossener Knabe, leider auch ihr gehörig, und wand sich im Todes-

Vorräthen muss ungeheuer sein und dennoch zeigt sich noch nichts von einer Unterwerfung“, sinniert Hor- schelt in jenen Tagen über die Tscher- kessen. Tatsächlich wehren sich die Kaukasier noch jahrelang gegen ihren Untergang, bis sie sich im Mai 1864 doch unterwerfen müssen – und fast in ihrer Gesamtheit aus ihrer Heimat vertrieben werden. Tod in jungen Jahren Zu dieser Zeit hat Horschelt den Kau- kasus hinter sich gelassen und ist nach Deutschland zurückgekehrt. Die Eindrücke und Skizzen, die er aus seiner Kriegszeit mitgebracht hat, flie- ßen in eine Reihe von Gemälden ein, die ihm großen Ruhm bescheren – aber kein langes Leben. Im April 1871 stirbt Theodor Horschelt mit gerade 42 Jahren in München. Den vielleicht größten Respekt, den man seinem Schaffen zollen kann, hat ihm sein Gönner Fürst Barjatinski mit den Wor- ten bekundet: „Sie haben in den Bil- dern besser beschrieben, als in einem ganzen Buche gesagt werden konnte.“

Zur Erinnerung: 1860 stiftet der Zar die „Medaille für die Eroberung von Tschetschenien und Dagestan“; Horschelt erhält gleich drei Auszeichnungen

kampf; nach etwa zehn Minuten ver- schied er. Es war ein bildschöner Junge und herzzerreissend, ihn vor seiner Mutter so daliegen zu sehen.“ Im September und Oktober 1860 „verwüstete und verbrannte“ die Ar- meeabteilung, der Horschelt beigege- ben ist, etwa 70 Aule. Es sind die letz- ten Kampfhandlungen, bei denen der Maler zugegen ist. „Ihr Verlust von $OH[DQGHU%DUMDWLQVNL : Dank seines Empfehlungsschreibens kann Horschelt die russischen Truppen begleiten

CHRONIK Russland im Kaukasus ƉƏƎƋ

Daniel Zander hat mit dem Buch Der Völkermord des Zaren. Russ- lands Krieg gegen die Tscherkessen im Kaukasus 1765–1864 die erste umfassende Darstellung dieses Krieges vorgelegt.

Russland errichtet bei Mosdok ein erstes Fort im Nordkaukasus.

ƉƏƐƋ Georgien wird an das Russische Reich angeschlossen. ƉƐƈƌóƉƐƉƋƇƉƐƊƎóƉƐƊƐ In zwei Russisch-Persischen Kriegen erobert und annektiert Russland die Gebiete Armenien, Dagestan und Aserbaidschan. ƉƐƊƐóƉƐƊƑ

Nach dem Türkenkrieg fällt auch der Westkaukasus dem Russischen Reich als Hoheitsgebiet zu. „Muridenkrieg“ im Ostkaukasus. Unter der Führung des Imam Schamil wehren sich die Bergstämme Dagestans und Tschetscheniens gegen die russische Eroberung. Widerstandskampf der Tscherkessen im Westkaukasus; er endet mit der Eroberung des Landes und der fast totalen Vertreibung der Ureinwohner aus dem Kaukasus.

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Um Schonung bitten: 1861 wird eine Delegation tscherkessischer Stämme bei Zar Alexander II. vorstellig. Drei Jahre später müssen die Kaukasier ihren Freiheitskampf endgültig aufgeben

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