Militär & Geschichte

Tief in Feindesland: Bei der litauischen Stadt Raseiniai soll die 6. PD eine operativ wichtige Brücke über den Fluss Dubysa einnehmen

Richtung Leningrad: Der Panzer 35(t) bildet bei der 6. Panzer- Division tatsächlich das Gros des Kampfwagenbestandes

sion bei Tauroggen (Tauragė) hart- näckigen Widerstand. Sie hält Rein- hardts Korps nicht nur auf, sondern fügt ihm auch erste schwere Verluste zu. Während es Mansteins LVI. AK (mot.) schon am 22. Juni gelingt, die Dubysa zu überqueren und weiter nach Nordosten vorzustoßen, errei- chen Reinhardts Angriffsspitzen erst tags darauf den Fluss. Am Vormittag des 23. Juni tritt die 6. PD zum Angriff auf Raseiniai an und kann den Ort bis zum Nachmittag vollständig erobern. Um an mehreren Stellen gleichzeitig zuschlagen zu können, ist die 6. PD in verschiedene Kampfgruppen aufgeteilt. Die Kampf- gruppe Seckendorff, benannt nach dem Kommandeur des Schützen-Re- giments 114, greift von Raseiniai aus weiter nach Osten und Nordosten an. An zwei Stellen gelingt es ihr, die

sierten Korps unter Generalmajor Alexej Kurkin, den Feind über die Dubysa zurückzuwerfen. Kurkins Korps besteht eigentlich aus drei Di- visionen mit insgesamt 32.000 Sol- daten, 670 Panzern und 224 gepanzer- ten Radfahrzeugen. Doch zwei der drei Divisionen hält die Nordwest- front zur Verteidigung anderer Front- abschnitte zurück. Daher brechen nur der Stab des Korps und die 2. Panzer- Division Richtung Raseiniai auf. Stalins neue „Dickhäuter“ Die sowjetische 2. PD gilt als eine der besten Formationen der Roten Armee. Sie ist die einzige Division der Nord- westfront, die mit den neuen schwe- ren Panzern vom Typ Kliment Woro- schilow (KW) ausgerüstet ist. Der KW-1 wiegt 43 Tonnen und ist rund- herum 75 Millimeter gepanzert. An

HINTERGRUND Raseiniai: Fiktion und Fakten Über die Panzerschlacht bei Raseiniai finden sich in der Literatur und im Internet zahlreiche falsche Angaben. Das beginnt schon bei der Datierung: Angeblich habe diese Schlacht entweder im Zeitraum vom 23.–27. Juni 1941 oder vom 24.–26. Juni 1941 stattgefunden. Beides ist falsch. Tatsächlich begannen die Kämpfe am Abend des 23. Juni und endeten am Morgen des 26. Juni 1941. Zudem heißt es meistens, auf deutscher Seite habe nur die 6. PD an der Schlacht teilgenommen, auf sowjetischer Seite das gesamte 3. mechanisierte Korps, das mehr als 700 Panzer besessen habe. In Wirklichkeit war auf deutscher Seite auch die 1. PD beteiligt. Zusammen verfügten beide deutschen Panzer- divisionen zu Beginn des Angriffs auf die Sowjetunion über 371 Panzerkampfwagen. Demgegenüber besaß das 3. mechanisierte Korps anfangs zwar 670 Panzer; an der Panzerschlacht bei Raseiniai war aber nur seine 2. PD beteiligt, die zu Beginn der Kämpfe 231 Panzer im Bestand hatte. Anders als mitunter behauptet wird, besaß diese Division auch keine mittleren Panzer T-34, sondern 147 leichte BT-7 und T-26, 27 mittlere T-28 sowie 57 schwere KW-1 und KW-2. Ebenso falsch ist die Aussage, die Deutschen hätten bei Raseiniai enorme Verluste erlitten. In Wirklichkeit verzeichnete die 6. PD während der Schlacht 197 personelle Ausfälle, davon 55 Tote, 124 Verwundete und 18 Vermisste. Die 1. PD registrierte 171 Ausfälle, davon 37 Tote, 130 Verwundete und vier Vermisste. Die 6. PD verlor bis Ende Juni 1941 insgesamt nur vier Panzer als Totalausfälle, und zwar drei Panzer 35(t) und einen Panzer IV. Die 1. PD meldete während der Schlacht bei Raseiniai drei Panzer IV als Verluste.

Die Sowjetpanzer sind wie Riesen, die mit Holzschwertern antreten müssen.

Dubysa zu überschreiten und einen Brückenkopf auf dem Ostufer zu bil- den. Ein anderer gemischter Verband der 6. PD wird von Erhard Raus geführt, dem Kommandeur der 6. Schützen- Brigade. Nördlich der Siedlung Be- dančiai nimmt die Kampfgruppe Raus eine unversehrte Brücke über die Du- bysa und bildet auf dem Ostufer einen weiteren Brückenkopf. Verteidiger bekommen Hilfe Während die Deutschen diese Erfolge erringen und dabei der sowjetischen 48. Schützen-Division schwere Ver- luste zufügen, ist für die Verteidiger bereits Hilfe unterwegs. Die sowjeti- schen Kräfte im Baltikum unterstehen der sogenannten Nordwestfront. De- ren Führung befiehlt dem 3. mechani-

der Kanonenblende beträgt die Pan- zerstärke 90 Millimeter. Der KW-2 bringt 52 Tonnen auf die Waage und istanderWaffenblendesogar110Mil- limeter gepanzert. In seinen enormen Turm ist eine 15,2-cm-Haubitze ein- gebaut, die vor allem zur Zerstörung von Bunkern gedacht ist. Dagegen be- sitzt der KW-1 eine 7,62-cm-Kanone, die sich hervorragend zum Kampf gegen deutsche Panzer eignet. Allerdings befindet sich die Rote Armee gerade in einer Umrüstungs- phase. Der Angriff der Wehrmacht trifftviele ihrerVerbände deshalb auf dem linken Fuß, so auch die 2. PD. Ihre 57 KW-Panzer sind zwar hin- sichtlich Panzerung und Bewaffnung allen deutschen Kampfwagen weit überlegen. In der Praxis aber sind es

Klares Bild: Vorn ein intakter Panzer IV der 6. PD, hinten ist ein sowjetischer KW-Panzer umgekippt

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