Militär & Geschichte

Im Mittelpunkt: Prominente Künster wie Paul Hörbiger lassen sich – mehr oder weniger gezwungen – vom NS-Regime vereinnahmen

Lichtblicke: Die Lazarette der Wehrmacht sind fester Anlaufpunkt für die Truppenbetreuung; hier spielt ein Streichquartett in Dresden auf

Nr.7 oderauch Münchhausen undver- dankt ihren Ruhm in erster Linie der NS-Filmindustrie. Für die Truppenbe- treuung moderiert Werner während des Krieges die frühe Fernsehsen- dung „Wir senden Frohsinn – wir

vorSoldatenhergeben,istheutenicht mehr wirklich eruierbar. ImVergleich zur Masse der Aufführungen von un- bekannten Künstlern sind die Dar- bietungen der Stars natürlich immer die Ausnahme. Immerhin verbreiten

schaft reden. Die Stars bekommen ihre Gagen weiterbezahlt, auch wenn sie durch das Kriegsgeschehen gar nicht spielen können. Im Gegenzug erwartetGoebbelsvonihnenabsolute Loyalität.Schließlich hat er die Macht, nahezu jede Karriere mit einem Fe- derstrich zu beenden. WiehäufigsichdieBerühmtheiten für Propaganda- undTheaterauftritte

Musik überwindet Grenzen: „Lili Marleen“ erfreut sich auch bei den Soldaten der Gegenseite großer Beliebtheit

Ob prominent oder unbekannt: Künstler sorgen für Ablenkung vom Kriegsalltag.

spenden Freude“.Und für den Reichs- sender Berlin tritt sie im „Wunsch- konzert für die Wehrmacht“ auf und ist auch live an der Heimatfront zu er- leben. Dafür erhält sie nach 1945 ein vorübergehendes Berufsverbot. Ihrer Karriere wird das nicht wirklich scha- den: Noch 1988 pfeift sie für das Lied „Ohne Dich“ der Band „Die Ärzte“ ein Solo. Der Song beginnt mit „Wollt ihr dieWahrheit hör’n? Nein!“ RalphKreuzer

aber zwischen 1933 und 1944 allein 1.100 Filme die vom NS-Regime ge- wünschten Bilder. „Wir spenden Freude“ Ein typisches Beispiel für die symbio- tische Beziehung zwischen Staat und Künstler ist die niederländische (undspäterdeutsche)Schauspielerin, Sängerin und Kunstpfeiferin IlseWer- ner. Sie brilliert gemeinsam mit Hans Albers in den Filmen Große Freiheit

Truppenbetreuung beim Gegner HINTERGRUND

Den propagandistischen Nutzen von Musik und Theater erkennen natürlich alle Kriegsparteien. Auch Sinn und Zweck der Truppenbetreuung ist bei den Alliierten ganz ähnlich wie bei den Deutschen. Selbst „Lili Marleen“, das „Mädchen unter der Laterne“, wie die Amerikaner das Lied nennen, läuft ab 1944 unzählige Male durch den Äther, nur diesmal vorgetragen von Marlene Dietrich. Diese singt zwar, dass sie noch einen „Koffer in Berlin“ habe, nimmt aber tatsächlich 1939 die US-Staatsbürgerschaft an und engagiert sich intensiv in der Truppenbetreuung, singt für Amerikaner und Briten in Afrika und Europa und besucht Verwundete in den Lazaretten. Auf US-Präsident Franklin D. Roosevelt geht die Gründung der United Service Organizations (USO) zurück, einer Nichtregierungsorganisation, die sich der kulturellen Betreuung der GIs rund um den Globus widmet. Der englische Premier Winston Churchill wiederum feuert sein Volk und seine Soldaten mit zwei berühmten Reden an, in denen er sagt: „Wir werden uns niemals ergeben“ und „Ich habe nichts anzubieten außer Blut, Schweiß, Mühsal und Tränen“. Damit gibt er, so der Zeithistoriker Joachim Fest, seinen Soldaten „das große moralische Motiv“ vor und einen „einfachen, jedermann einleuchtenden Sinn“.

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