COL DI LANA
ABWEHR DER AGGRESSOREN: „Tirols Helden- söhne im Kampf mit Italienern“ hat der deutsche Künstler Thomas Baumgartner sein Werk genannt; zeitgenössische Bildpostkarte. Italien hofft, im Gebirgskrieg gegen Österreich-Ungarn dauerhaft territoriale Gewinne zu erzielen )RWRSDDNJLPDJHV
Doch außer eines Artilleriebeobachtungs- postens und kleinerer Infanteriegräben ver- fügt dieser Berg über keinen nennenswerten militärischen Anlagen. Dies ändert sich in den ersten Tagen des Gebirgskriegs, als etwa 300 Meter unterhalb des Lana-Gipfels eine Infan- teriestellung entsteht, ergänzt durch einen Vorposten sowie mehrere (Reserve-)Lager, darunter das Lager Alpenrose. In der ersten Junihälfte 1915 kommen die deutschen Ver- teidiger an den Hängen des Col di Lana zum Einsatz. Zunächst richten sich Angehörige der 4. Kompanie des 2. Bayerischen Jägerba- taillons in den bis dahin kaum ausgebauten Infanteriestellungen ein. Italienische Offensiven Während das Kriegseschehen in den ersten Wochen vor allem von örtlichen Einzelaktio- nen geprägt ist, setzen die Italiener Anfang Juli 1915 im Raum zwischen dem Falzarego Pass und dem äußerlich eher unscheinbaren, aber unter strategischen Gesichtspunkten bedeutsamen Doppelrücken von Col di Lana und Monte Sief nach heftigem Artilleriefeuer zum Infanterieangriff an. So erinnert sich ein italienischer Hauptmann an den Beginn der ersten Dolomitenoffensive: „Der Kampf wurde am 6. Juli von unserer Artillerie gegen die österreichischen Werke Corte und Tre Sassi eröffnet (…) Diese wurden wohl schwer beschädigt, doch die Österrei- cher hatten zuvor die Geschütze aus den Wer- ken genommen und sie versteckt im Gelände aufgestellt. Am Morgen des 7. Juli griffen wir in drei Kolonnen zu je sechs Bataillonen den Col di Lana, Sief- und Falzarego-Pass an.“ Bei den Verteidigern handelt es sich vor- wiegend um Standschützen sowie baye- rische Jäger, Pioniere und Artilleristen des Alpenkorps. Sie werden durch Männer des GEFÜRCHTETE GESCHOSSE: Artillerie bei- der Seiten (im Bild eine Stellung der k. u. k. Artillerie) liefert sich erbitterte (Fern-)Duelle im Zuge des zermürbenden Gebirgskampfes Foto: picture-alliance/K.K. Kriegspressequartier, Lichtbildstelle - :LHQ³1%%LOGDUFKLYSLFWXUHGHVNFRP
ihre Truppen erneut, den gegnerischen Ver- teidigungsriegel in Tirol doch noch vor Ein- bruch des Winters zu durchstoßen. Wieder bildet der Col di Lana den Brennpunkt. Der die Umgebung beherrschende Gipfel soll nun unbedingt fallen. Und tatsächlich: Am 7. November 1915 leitet ein zweieinhalbstün- diges Trommelfeuer den Sturm ein, der gegen Mittag losbricht und die in Deckung gezwun- genen Österreicher durchaus überraschend trifft. Kurz darauf weht die italienische Tri- colore auf dem Gipfel. So lässt Cadorna tri- umphierend verkünden: „Gestern Nachmit- tag nahm unsere Infanterie nach wirksamer Artillerievorbereitung in einem letzten und wütenden Angriff die feindlichen Stellungen und pflanzte unsere Fahne auf dem rauen Gipfel (…).“ Doch die Freude der Italiener währt nicht lange: Die Österreicher fühlen sich bei der Ehre gepackt und schlagen umgehend zurück. Im Nah- und Feuerkampf entreißen sie dem Gegner in harten Gefechten ab dem Abend des 7. November die Spitze des Col di Lana und
Landsturm-Bataillons Nr. 165 und eine Maschi- nengewehr-Abteilung eines Landwehr-Regi- ments verstärkt. Weit weniger als 1.000 Mann stehen somit rund 12.000 italienischen Soldaten gegenüber, die in den folgenden zwei Wochen immer wieder angreifen. Rund ein Dutzend Mal holen sie sich dabei eine blutige Nase und müssen hohe Verluste verkraften. Immerhin gelingt es ihnen, einige österrei- chische Stellungen, so die Feldwache bei Agai, zu nehmen und den Falzarego-Pass unter Kon- trolle zu bringen. Im weiteren Verlauf der Kämpfe kann die italienische Seite zwar zum Teil erfolgreiche Einzelaktionen für sich verbuchen, etwa die Einnahme der Tofana-Gipfel II und III. Doch der erhoffte Durchbruch misslingt im Spät- sommer 1915. Kurz darauf zieht das Deutsche Alpenkorps aus den Dolomiten ab, da öster- reichisch-ungarische Truppen von Abschnit- ten der Ostfront frei werden. Unterdessen gibt sich die italienische Militärführung mit dem bisher Erreichten nicht zufrieden. Im Herbst 1915 versuchen
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