Clausewitz

POLEN 1939

IM GEFECHT: Ein schwerer Panzerspähwa- gen (6-Rad, SdKfz 231) der am Polenfeld- zug beteiligten Aufklärungsabteilung 17. Seine 2-cm-Kampfwagenkanone 30 besitzt eine hohe Feuergeschwindigkeit Foto: Sammlung Anderson g

Hitlers Überfall auf Polen HINTERGRUND

Das Oberkommando des Heeres (OKH) treibt seine Planungen zum Angriff auf Polen („Fall Weiß“) bereits im Frühjahr 1939 voran. Im Sommer 1939 verkündet Hitler vor hochrangi- gen Offizieren der Wehrmacht seinen Ent- schluss zum Angriff auf Polen. Das „geheime Zusatzprotokoll“ zu dem am 23. August un- terzeichneten „Hitler-Stalin-Pakt“ regelt die In- teressenssphären zwischen dem Deutschen Reich und der Sowjetunion vor allem in Polen und im Baltikum. Am 1. September 1939 fallen Verbände der Wehrmacht ohne vorherige Kriegserklärung in Polen ein. Das NS-Regime rechtfertigt den Angriff mit angeblichen Übergriffen polnischer Freischärler im Grenzgebiet, die jedoch von der SS und Angehörigen des Sicherheitsdiens- tes (SD) fingiert sind (Überfall auf Zollstatio- nen und den Sender Gleiwitz am 31. August 1939) sowie mit Repressionen gegenüber Volksdeutschen in Polen. Zudem schiebt man die Lösung der „Danzig-Frage“ und der „Korri- dorfrage“ als Gründe für das als „Gegen- schlag“ bezeichnete militärische Eingreifen vor und verschweigt den eigentlichen Grund – die geplante „Erweiterung des Lebensraumes im Osten und die Sicherstellung der Ernäh- rung“ des Deutschen Reiches durch einen Ex- pansions- und Vernichtungskrieg.

Als das Linienschiff Schleswig-Holstein am Morgen des 1. September 1939 ein befestig- tes polnisches Militärdepot auf der Wester- platte bei Danzig beschießt, fordert die Regie- rung in Warschau die vertraglich zugesicherte Hilfe der alliierten Staaten Frankreich und Großbritannien. Diese Mächte verlangen ulti- mativ die Zurückziehung der deutschen Trup- pen hinter die Reichsgrenze und erklären dem Deutschen Reich nach Ablauf der Frist am 3. September 1939 den Krieg. Das von polni- scher Seite erhoffte Eingreifen alliierter Trup- pen in den Krieg bleibt jedoch aus; an der Westgrenze des Deutschen Reiches kommt es lediglich zur nahezu kampflosen Phase des „Sitzkriegs“ . Polen bleibt somit militärisch auf sich allein gestellt. Am 17. September 1939 greifen dann Sta- lins Truppen ein: Die Rote Armee dringt nach Ostpolen vor und besetzt umfangreiche Gebie- te. Das Schicksal Polens ist damit besiegelt, denn das Land ist den beiden Aggressoren aus West und Ost militärisch deutlich unterlegen. Hitlers erster „Blitzkrieg“ endet schließlich am 6. Oktober 1939 mit der Einstellung der letzten Gegenwehr durch polnische Verbände im Raum Kock und Lublin. Es folgt eine grau- same NS-Vernichtungs- und Ausbeutungspoli- tik in den besetzten Gebieten. ORT DES GESCHEHENS: Der 1939 von einem SS-Kommando überfallene Sender Gleiwitz (Gliwice); Aufnahme aus dem Jahr 2021 Foto: picture-alliance/NurPhoto|Jakub Porzycki nienschiff S hl i

Slowakei aus zum Angriff gegen den westli- chen Teil Polens antreten. Letztere Heeres- gruppe umfasst mehr als 30 Divisionen, da- runter zehn gepanzerte oder motorisierte Großverbände. Sie bilden den Hauptstoß- keil, der tief ins polnische Landesinnere zielt. Dass der polnische Operationsplan eine Verteidigung mit starken Kräften in Grenz- nähe zu Deutschland vorsieht, spielt der deutschen Seite in die Karten und begünstigt ihre Umfassungsabsichten. Ziel der polni- schen Streitkräfte unter Marschall Edward Rydz-Smigły ist es, starke Feindkräfte mög- lichst lange an den Grenzen zu binden und zu schwächen und gegebenenfalls geordnet auszuweichen, bis alliierte Truppen von Westen her in den Konflikt eingreifen wür- den. Doch dazu kommt es nicht. Heftige Luftschläge Luftschläge der Luftflotten 1 (Albert Kessel- ring) und 4 (Alexander Löhr) zerstören be- reits zu Beginn des Feldzuges große Teile der polnischen Luftstreitkräfte am Boden. Ge- zielte Bombenangriffe auf Nachschubbasen und wichtige Verkehrsknotenpunkte sollen die polnischen Bewegungen von Beginn an lähmen. Die westpolnische Kleinstadt Wielu wird bereits sehr früh am ersten Kriegstag bombardiert und schwer zerstört, schät- zungsweise bis zu 1.200 Menschen sterben. Im weiteren Verlauf der Kampfhandlun- gen unterstützt die Luftwaffe unter anderem mit Sturzkampfbombern vom Typ Junkers Ju 87 (Stuka) die Bodentruppen. Doch Ver- bände der 3. Armee unter Georg von Küchler stoßen nach ihrem Angriff aus dem ostpreu- ßischen Bereitstellungsraum in südlicher Richtung heraus früh auf erheblichen Wider- stand. So gerät ihr Vorstoß vor der mit Bun- kern, Gräben und Feldbefestigungen ver- stärkten Mlawa-Stellung nordwestlich Ro- zan ins Stocken. In der dreitätigen Schlacht gegen Truppen der Armia Modlin behalten sie jedoch schließlich am 3. September die

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