Clausewitz

POLEN 1939

„Division vernichtet Feind vor ihr und gewinnt Petrikau!“

Korpsbefehl (Auszug) des XVI. Armee- korps betreffend die 1. Panzerdivision für den 5. September 1939

schweren Gefechten mit polnischen Einhei- ten, wie die Divisionsgeschichte berichtet: „Das II./Inf.Rgt. 22 durchlief das Gefechts- feld im stürmischen Anlauf, überschritt (...) die Straße und drang in das Grabensystem nördlich der Straße ein. Es säuberte Wälder, Gräben, Unterstände und nahm mit Stoß- trupps zwei betonierte Schartenstände (...), die der Pole bis zum Tod durch die Hand- SCHWERER GANG: Polnische Gefan- gene in Graudenz. Bereits in den Ta- gen unmittelbar nach Kriegsbeginn am 1. September 1939 machen die deutschen Truppen viele Gefangene Foto: picture-alliance/akg-images

DOKUMENT Propagandabericht

„Ein geheimnisvoller Schleier liegt über dem flachen Lande nordöstlich von Lodz. In weiten Schwaden, Kaska- den gleich, zieht sich der Nebel durch das Land und vermischt sich mit dem Staub der feldgrauen Kolon- nen. Wir liegen vorn im Gras bei den Infanteristen. Da und dort ein Schuss in den frühen Morgen. (...) Er mahnt uns an den harten Kampf der vergan- genen Nacht – Ein Regiment polni- scher Infanterie hatte sich in einem Wald nordöstlich von Lodz festge- setzt. In der Nacht versuchte es ei- nen Überfall auf eine deutsche Kom- panie. Neben mir liegt der Kompanie- feldwebel. Ein misslungener Überfall, meint der Feldwebel trocken und schaut dabei durch den Nebel mit sei- nem Glas nach Osten, denn noch ist das Gefecht nicht zu Ende. In dem großen Waldstück vor uns hören wir noch den Schusswechsel. Immer mehr Gefangene kommen durch die vorderste Linie. Sie radebrechen einige Worte Deutsch und bitten um Schonung. Heute Nacht hatten sie die Stärke der deutschen Soldaten zu spü- ren bekommen. Der Überfall, der sich zum polnischen Sieg gestalten sollte, ja der darüber nach Aussagen der Ge- fangenen bei Lodz einen letzten Durchbruch durch die deutschen Stel- lungen verursachen sollte, war zu ei- ner schweren Niederlage geworden.“ Propagandabericht eines Kriegsberichterstatters der Wehrmacht, zitiert nach: Der Sieg in Polen , herausgegeben vom Oberkommando der Wehr- macht, Berlin 1940, Seite 59

der mangelnden Abstimmung zwischen Ar- tillerie und Luftwaffe wiederholt zu Verlus- ten durch eigenen Beschuss kommt. Nach- schubschwierigkeiten sorgen zudem für teil- weise massive Versorgungsengpässe. Hinzu kommen Probleme aufgrund technischer Ausfälle von Fahrzeugen und Kampfwagen. Die Infanteristen müssen derweil unter brennender Spätsommersonne große Marsch- leistungen auf oftmals sandigen, staubver- hüllten Straßen und Wegen vollbringen. Es gibt kaum eine Verschnaufpause. Der Front- alltag für die Soldaten ist an vielen Abschnit- ten deutlich härter, als es die Propaganda- meldungen und -aufnahmen suggerieren. Wenngleich die motorisierten Wehrmacht- verbände bereits tief hinter die feindlichen Linien vorgedrungen sind, kann hinter je- dem Gebüsch, jedem Baum, jeder Mauer und jedem Fenster der Tod lauern. Und so sind die Verluste für beide Seiten schmerzlich, der Blutzoll der beteiligten Truppen hoch: Für zirka 66.000 bis 70.000 polnische und bis zu 16.000 deutsche Solda- ten endet die wiederkehrende Feuertaufe an den verschiedenen Frontabschnitten in Po- len 1939 tödlich. TÖDLICHES SCHICKSAL: Deutsche Solda- ten gedenken ihrer gefallenen Kameraden. Der von der NS-Propaganda bejubelte „Blitz- krieg“ fordert auch auf deutscher Seite ei- nen hohen Blutzoll Foto: picture-alliance/Sammlung Berliner Verlag Archiv

granate verteidigte.“ Hoher Blutzoll

Die 2. Panzerdivision, die an der südlichen Front zusammen mit anderen Großverbän- den der Heeresgruppe Süd steht, kämpft an- fangs am Dunajec-Fluss im Raum Tarnow, dort, wo einst 1915 eine erbitterte Schlacht tobte. Ihre Divisionsgeschichte schildert die dramatischen Kämpfe eine Woche nach Kriegsbeginn: „Am 7. September hatte eine rasch zusammengestellte gemischte Abtei- lung 15 Kilometer nördlich Tarnow in schwerstem Kampf den Übergang über den Dunajec zu erzwingen. Die Polen verteidi- gen den Brückenkopf von Biscupice-Radlow mit Todesverachtung. Ihre Panzerabwehrka- nonen erzielen Treffer aus nächster Nähe auf unsere Panzerwagen, ihre Infanterie wirft Handgranaten gegen Tankluken, ja sie springt im Dunkel der Nacht mit geballten Ladungen auf die Kampfwagen. Das Regi- ment hat Verluste.“ Besonders bitter für die deutsche Militär- führung ist die Tatsache, dass es aufgrund

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