Urgewalten der Natur
Ab 7:00 Uhr vorm. wird Stützpunkt 2250 systematisch von schweren Mörsern beschossen. Die Besatzung zum großen Teil getötet und verwundet.“ Aus dem Tagebuch des „Kampfabschnitts
Siefsattel“ zu den Kämpfen vom 21./22. Oktober 1915
LETZTE RUHESTÄTTE: Teilansicht des Soldatenfriedhofs bei Salesei. Beide Seiten entrichten einen hohen Blutzoll, Tausende Menschen verlieren während der schweren Kämpfe ihr Leben Foto: picture-alliance/Rudolf Brandstätter/picturedesk.com|Rudolf Brandstätter
bewaldete Abschnitte in niedrigeren Lagen lebensgefährlich. So fordern herabfallende Äste und umstürzende Bäume immer wieder zahlreiche Opfer. Neben der extrem gefährlichen natür- lichen Beschaffenheit des Geländes fordert das widrige Wetter seinen tödlichen Tribut. Das tägliche Leben ist an vielen Frontabschnit- ten selbst im Frühjahr und Sommer von Fels, Schnee und Eis geprägt. Durch die besonderen Umweltbedingungen und die damit verbun- denen Anstrengungen leiden viele Soldaten an schwerer Erschöpfung und eher banalen Erkrankungen, die dennoch am Ende oft den Tod bedeuten. Darüber hinaus setzen Magen- und Darmerkrankungen, hervorgerufen durch das unverdünnte Trinken von geschmolzenem Schnee, zumindest zeitweise immer wieder Männer außer Gefecht. Klirrender Frost sorgt darüber hinaus für Erfrierungen, da viele Soldaten in notdürf- tigen Unterkünften oder sogar im Freien kampieren müssen. Teils meterhoher Schnee macht jeden Marsch beschwerlich. Besonders kräftezehrend ist der Transport von Material für Unterstände, der selbst trainierten und spezialisierten Soldaten sprichwörtlich alles abverlangt. Stumme Zeugen Das Grauen des Gebirgskriegs kennt somit kaum Grenzen. Der Kriegsdichter Otto König
Tre Sassi : Die Festung (Sperrfort) Tre Sassi am Valparola-Pass ist eines der interessantesten Relikte der Dolomitenfront des Ersten Welt- kriegs. Das Bauwerk wurde 1897 bis 1901 zur Verteidigung der südlichen Grenzen Österreich- Ungarns errichtet und 1910 modernisiert. Heute beherbergt das ehemalige militärische Sperrwerk ein Museum. Dort sind dem neben Ausrüstungs- gegenständen und Waffen auch Gebrauchsgüter der Soldaten zu sehen. Kontakt: Museum der Festung Tre Sassi Passo Valparola, IT-32043 Cortina d’Ampezzo www.cortinamuseoguerra.it Museum
EISIGES ENDE: Ein italienischer Gefalle- ner an der Dolomitenfront. Die sterblichen Überreste vieler Soldaten werden erst Monate oder gar viele Jahre nach ihrem Tod entdeckt
Foto: picture-alliance/K. K. Kriegspressequartier, Lichtbildstelle - Wien/ÖNB-Bildarchiv/picturedesk.com
findet folgende Worte für die unbarmherzigen Gefechte und Kämpfe: „Col di Lana, Berg des Blutes, du, des Ruhmes ragende Spitze, wer zählt die Blitze, die wutbrüllend deinen Leib gespalten, in Tausend Wunden zerrissen? Wie vielen wurde dein harter Stein zum Sterbekis- sen, wieviel jammernder Schmerz schrie gegen deine felsigen Mauern, wieviel Trauer sandtest du in die Welt, und wieviel Tränen ...?“ Obwohl noch heute zahlreiche Gräben, Gräber und Relikte von den schweren Gefech- ten im Gebirge zeugen, lassen sich das Leid, die Entbehrungen und die Grausamkeiten, die die einfachen Soldaten vor mehr als 100 Jahren am Col di Lana und der Dolomitenfront durchmachen mussten, nur ansatzweise erah- nen. Für die Gefallenen dieser Kämpfe wur- den mehrere Soldatenfriedhöfe und Kriegs- gräberstätten errichtet, darunter die Anlagen bei Salesei und am Pordoijoch, die nahe des Col di Lana würdig an die Opfer von damals erinnern.
DIE EHEMALIGE SPERRE Tre Sassi (auch: Werk Tre Sassi) beherbergt ein Mu- seum mit aufschlussreichen Informationen und spannenden Exponaten Foto: picture-alliance/Gerhard Wild/picturedesk.com
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Clausewitz 5/2025
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