Clausewitz

HEMMINGSTEDT 1500

der Wege in Morast. Die Entwässerungsgrä- ben werden bis zum Rand geflutet und sind ohne Hilfsmittel nicht mehr zu überqueren. Etwas südlich des Ortes Hemmingstedt haben die Dithmarscher in der vergangenen Nacht eine Schanze aufgeworfen. Hier ver- sammelt sich die Hauptmacht der Bauern (vermutlich rund 3.000 Mann) unter der Füh- rung von Wulf Isebrand. Die Garde an der Spitze des Heerzugs versucht einen Sturm- angriff, der aber buchstäblich steckenbleibt. Manövrieren kann die Garde nicht: Das Gelände rechts und links der Straße ist nicht gangbar, von hinten läuft die holsteinische Landwehr auf. Kleine Trupps der Dithmar- scher greifen über das schlammige Gelände von beiden Seiten den Heerzug an und fügen ihm Verluste zu. Da sich der dänische König und der Holsteiner Herzog bei der Reiterei befinden, kommen die Kommandos nur sehr schwer an die Front. Bald werden alle däni- schen Heeresteile von den Dithmarschern an den Flanken angegriffen. Die Bauern haben rechts und links an der Schanze kleine Geschütze positioniert. Ihnen ist es in ihrer festen Position sehr viel leichter gefallen, das Pulver trocken zu halten, als den Büch- senschützen der Garde. Entsprechend hoch fallen die Verluste unter den Gardisten aus. Die Angreifer reagieren auf das Artilleriefeuer mit einer raschen Attacke auf die Schanze, die allerdings unter großen Verlusten scheitert. Neben einigen der Hauptleute und den her- zoglichen Würdenträgern Krummendiek und Erichs fällt auch der Herr der Garde, Thomas Slentz. Er hat sein Pferd nach vorne getrieben, um seine Männer zusammenzuhalten, da reißt ihn der lange Reimer von Wiemerstedt (wohl eine sagenhafte Figur) mit der Hellebarde samt seinem Pferd um. Da er aber Slentz´ Rüs- tung nicht durchstoßen kann, setzt er ihm die Hellebarde auf die Brust und tritt sie mit dem Fuß durch den Panzer. Slentz ist der einzige der Schwarzen Garde, der später in den Volks- liedern der Dithmarscher einen einigermaßen guten Namen behält – als tapferer, wenngleich glückloser Kämpfer. Die Garde wirft das Handtuch Beim dritten Frontalangriff der Dithmarscher aus der Schanze heraus weicht die Garde. Ihre Reste fliehen in die einzige Richtung, die ihnen verbleibt: rückwärts. Nicht besser ergeht es der Landwehr. Die vom Sieg trunkenen Bauern greifen weiter an und verursachen hohe Ver- luste unter den Holsteinern. Wer noch nicht zurückgewichen ist, wird erschlagen oder ertrinkt. Die Reiterei versucht zunächst, das eigene fliehende Fußvolk aufzuhalten. In Todesangst drängen jedoch die Landwehrleute gegen die Ritter – und erst jetzt entschließt sich die Kavallerie, selbst in den Kampf

SIEG DER DEFENSIVE: 'LHHLJHQWOLFKPLOLWÁULVFKXQG]DKOHQPÁ¼LJZHLWÙEHUOHJHQH'ÁQHQ - DUPHHYHUOLHUWJHJHQGDV'LWKPDUVFKHU$XIJHERW*UXQGIÙUGHQ6LHJGHU%DXHUQVLQGQHEHQ LKUHPHLVHUQHQ:LOOHQYRUDOOHPGLHEHVVHUHQ2UWVNHQQWQLVVHLKUHU+HLPDWVRZLHGHUVWDUNH Regen, der das Land in einen Sumpf verwandelt Abb.: picture alliance

langer Heerwurm wälzt sich über die Straße von Meldorf nach Norden Richtung Heide, die letzten Einheiten haben Meldorf noch gar nicht verlassen, als die Spitzen auf den Feind treffen. Als am Vormittag des 17. Februars die Garde Richtung Norden aus Meldorf abrückt, öffnen die Bauern mehrere drei Kilometer ent- fernte Deichsiele. Da es am Vortag fast unun- terbrochen geregnet hat, verwandeln sich die Wege in Schlammpfade, das Gelände abseits

kann – durch eine außergewöhnliche Grau- samkeit aus: Sie töten angeblich rücksichtslos alle Bewohner, die sie noch antreffen, um so die Verteidiger zur raschen Aufgabe zu bewe- gen. Erreicht wird damit allerdings genau das Gegenteil, da sich nun die Wut auf die Angreifer erst recht steigert. Eine komplette Evakuierung aller Dithmarscher nach Büsum (damals eine Insel) wird erwogen, ist aber nicht durchführbar. Streit an der Schanze In Meldorf verweilt das Heer des Dänen- königs bis zum 17. Februar. Da der Standes- dünkel gegenüber einfachen Bauern groß, aber die Vorsicht klein ist, gibt König Johann schließlich den Marschbefehl. Der Transport der Kanonen ist jedoch nun schwieriger, denn das Tauwetter hat bereits eingesetzt. Besonders Slentz erkennt diesen Umstand und protestiert heftig, aber erfolglos gegen den Weiterzug. Ein rund zehn Kilometer

„Wahr di Garr, de Bur de kumt!“ „Nimm dich in Acht, Garde, der Bauer kommt!“ ist angeblich der Schlachtruf der Dithmarscher LQGHU6FKODFKWYRQ+HPPLQJVWHGW0LWe*DUGHq LVWYHUPXWOLFKGLHe6FKZDU]H*DUGHqJHPHLQW

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