Clausewitz

DIE BEIDEN BALKANKRIEGE 1912 & 1913

1912/13: Die Balkankriege gelten neben dem Zweiten Burenkrieg (1899–1902) und dem Russisch-Japanischen Krieg (1904/05) als der wichtigste Fingerzeig auf die kommenden Materialschlachten des Ersten Weltkriegs. Moderne Waffen und Massenarmeen kennzeichnen den Konflikt, der das Ende osmanischer Herrschaft in Europa besiegelt Von Alexander Querengässer Auftakt zum Armageddon

A uch nach dem Berliner Kongress 1878 (siehe Seite 88/89) sind die territorialen Interessen der jungen Balkanstaaten Serbien, Montene- gro, Albanien, Griechenland und Bulgarien nicht befriedigt. Nach wie vor drängen diese Länder auf eine Änderung des Status quo. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts profitieren die Balkanstaaten von der inneren Schwäche des Osmanischen Reiches, die rasch von an- deren europäischen Mächten ausgenutzt wird. Um einen weiteren Verfall aufzuhalten, rebellieren 1908 die Jungtürken und ersetzen Sultan Abdülhamid durch Mehmed V. Öster- reich nutzt die Krise, um Bosnien-Herzego- wina endgültig zu annektieren, was einen Verstoß gegen das Abkommen von 1878, aber auch eine Provokation Serbiens darstellt. Die hieraus entstehende internationale Krise eskaliert jedoch nicht gewaltsam, da Russ- land wegen des Krieges mit Japan noch im- mer zu geschwächt ist und Deutschland sich hinter seinen Zweibundpartner Österreich stellt. Pakt-Potpourri Die Bosnienkrise liefert somit einen gefährli- chen Vergleichsrahmen für die sechs Jahre später entstehende Julikrise. Bulgarien nutzt den Umsturz in Konstan- tinopel, um seine vollständige Unabhängig-

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Clausewitz 4/2022

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