Der Falklandkrieg als Ablenkung
HINTERGRUND
Der franko-griechische Regisseur Cons- tantin Costa-Gavras macht sich Ende der 1960er-Jahre einen Namen als Regisseur anspruchsvoller Politthriller. Z untersucht die Folgen des faschistischen Umsturzes in Griechenland, Das Geständnis die Methoden wirtschaftspolitischer Interessen und Geheim- dienstarbeit mit dem Aufbau eines demokra- tiefeindlichen Systems aufzudecken, das mit geheimen Todesschwadronen gegen Oppositi- onelle vorgeht – ähnlich wie später in Argenti- nien. Parallel dazu zeigt der Film, wie amerika- nische Geheimdienste diese Organisationen in „Terrorbekämpfung“ und Folter schulen. Vermisst basiert auf der Entführung des ame- rikanischen Journalisten Charles Hormann in Chile 1973. Hormann wird wegen kritischer Äußerungen von der an die Macht geputsch- ten Regierung verschleppt und ermordet. In dem Film zeigt Costa-Gavras auch das Innen- leben eines in einem Fußballstadion einge- richteten Konzentrationslagers und geht ein weiteres Mal auf die verdeckte Unterstützung ein, die die neue chilenische Regierung durch die USA erhält. Der Film könnte ebenso gut das Schicksal von Klaus Zieschank oder Eli- sabeth Käsemann erzählen. Costa-Gavras und die lateinamerikanischen Diktaturen im Film der Kommunisten in der Tschechoslowakei. 1972 dreht er Der unsichtbare Aufstand , der auf der Entführung und Ermordung des CIA-Agenten Dan Mitrione im uruguayischen Montevideo basiert. Costa-Gavras nutzt den Film, um die Verflechtung amerikanischer
DER CHRONIST: Der Regisseur Constantin Costa-Gavras dreht zahlreiche Filme, die sich mit totalitären Systemen jeglicher Couleur befassen. Das Foto zeigt eine Szene aus Der unsichtbare Aufstand (1972), bei dem die Entführung eines US-Beamten in Montevideo durch uruguayische Stadtguerillas im Mittelpunkt steht
1983 und dem Sieg von Raúl Alfonsín kehrt Argentinien zur Demokratie zurück. Es beginnt eine lange und steinige Aufarbeitung der Verbrechen der Junta-Regierung, die bis heute nicht abgeschlossen ist. Viele Protago- nisten gehen ins Exil. Mason verlässt das Land und begibt sich nach mehreren Stationen in die USA, die ihn erst 1988 an Argentinien ausliefert. Wie so viele Protagonisten wird er mehrfach wegen diverser Verbrechen ange- klagt, aber nie dauerhaft in Haft genommen. 1985 werden die im Land verbliebenen Mitglieder der Junta vor Gericht gestellt. Es kommt zu teils lebenslänglichen Verurteilun- gen, unter anderem für Videla und Admiral Massera. Diese werden aber 1990 durch eine Generalamnestie des neuen Präsidenten Car- los Menem wieder aufgehoben. Es ist bezeich- nend für die juristische Unsicherheit im Land, dass auch diese Amnestie später in die Kritik gerät und eine erneute Strafverfolgung der Hauptverantwortlichen gefordert wird. Zwar sind die Initiatoren des Schmutzigen Krieges inzwischen verstorben, aber Verantwortliche der mittleren Entscheidungsebenen werden in Argentinien bis heute juristisch verfolgt und belangt.
Mussolini-Anhänger Licio Gelli, den Aufbau einer faschistischen Diktatur anstrebt. Oder der Gouverneur der Provinz Buenos Aires, Bri- gadegeneral Ibérico Saint-Jean, der im Gegen- satz zu Videla fordert, erst die Subversiven zu töten, dann deren Komplizen, danach die Sympathisanten und schließlich die Feiglinge. Tatsächlich gestaltet sich die politische Pra- xis der Junta-Regierung zunehmend repressi- ver. Die Presse wird zensiert und aufmüpfige Journalisten verhaftet. Symbolische Bücher- verbrennungen linker Schriften richten sich nicht nur an die eigene Bevölkerung, sondern sollen auch die ausländischen Unterstützer in den USA beschwichtigen. 1978 findet in Argentinien die Fußball- weltmeisterschaft statt, weswegen sich die Junta bemüht, vor der Weltöffentlichkeit ein friedliches Bild abzugeben. Der „Schmutzige Krieg“ flaut daher in der ersten Jahreshälfte spürbar ab. Allerdings bekommt die Junta die wirtschaftlichen Probleme Argentiniens nicht in den Griff, weswegen linke Widerstands- gruppen weiter Zulauf haben. Bis zum Ende der Junta-Zeit werden daher weiter Opposi- tionelle verhaftet und ermordet, wenn auch nicht mehr in dem Ausmaß wie vor 1978.
1981 endete die Präsidentschaft Videlas. Auf ihn folgt mit Roberto Viola ein Vertreter der Blandos, der sich für eine Liberalisierung der Innenpolitik stark macht und die Rückkehr zur Demokratie vorantreiben will. Diese Maß- nahmen sind aber innerhalb des Militärs nicht sehr beliebt, weswegen Viola nach wenigen Monaten durch Leopoldo Galtieri gestürzt wird. Unter ihm verschärfen sich die restrik- tiven Maßnahmen umgehend, wobei Masons Battalón de Inteligencia 601 eine immer wich- tigere Rolle spielt. Diese Organisation bildet inzwischen selbst Geheimdienste anderer lateinamerikanischer Länder aus, etwa in Honduras. Um seine fehlenden wirtschafts- politischen Erfolge zu kaschieren, provoziert Galtieri 1982 den Falklandkrieg mit Groß- britannien, der mit einer schnellen argentini- schen Niederlage endet und schließlich das
Ende der Junta einleitet. Noch nicht beendet
1983 wird Galtieri seiner Ämter enthoben und von einem Militärgericht wegen seiner im Falklandkrieg begangenen Menschenrechts- verletzungen angeklagt, aber nicht verurteilt. Mit den Präsidentschaftswahlen im Oktober
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Clausewitz 5/2025
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