Clausewitz

Dramatische Szenen

se sind es während der Offensive für die 8. Panzerdivision. Das schwer gebeutelte 99. Mechanisierte Korps der Roten Armee muss 48 intakte Geschütze zurücklassen, aus de- nen die 6. Volksgrenadier-Division eine Pak- Kompanie mit 16 „Ratsch-Bumm“ vom Ka- liber 7,62-cm und zwei schweren Feldhau- bitzbatterien aufstellt. Die Offensive gegen Lauban ist einer der letzten operativen Er- folge der Wehrmacht. Nehring hat maßgeblichen Anteil am Auf- bau der Panzerwaffe: Er erstellt Studien zum Einsatz der neuen Waffengattung, veröffent- licht seine Ideen in mehreren Büchern und arbeitet gemeinsam mit Heinz Guderian an Konzepten für deren wirkungsvollen Einsatz. Im Zweiten Weltkrieg dient er, mittlerweile Oberst, als Chef des Generalstabs des XIX. Armeekorps unter Guderian im Polen- und Frankreich-Feldzug. Ende 1940 übernimmt er das Kommando über die 18. Panzerdivisi- on und führt diese im Zuge von „Barbaros- sa“ tief in die Sowjetunion hinein. Nach einer Station in Afrika und einer schwerer Verwun- Walther Nehring BIOGRAPHIE Walther Kurt Nehring, geboren 1892 auf Gut Stretzin (Westpreußen), steht beispielhaft für die typische Militärkarriere im Deutsch- land des frühen 20. Jahrhunderts. Nach der Teilnahme als Zugführer, später als Leutnant am Ersten Weltkrieg und einem kurzen, we- nig erfolgreichen Intermezzo bei den Fliegern wird er in die Reichswehr übernommen und steigt zum Major auf.

ERFAHRENER FELDHERR: Walther Neh- ring führt seine Truppen Anfang März 1945 gegen die sowjeti- sche 4. Garde- Panzerarmee Foto: Scherl/Süddeut- sche Zeitung Photo

Verbände scheinen den Schlag von Anfang März nicht vergessen zu haben und dirigie- ren ihre Einheiten lieber nördlich an der Stadt vorbei. Einen Einfluss auf den Kriegs- verlauf hat die Schlacht freilich nicht, der Krieg ist schon längst verloren. Das Sterben aber geht gnadenlos weiter. Wie viele Alte und Kinder in den letzten Wo- chen ihr Leben für die verlorene Sache des Nationalsozialismus lassen müssen, ist unge- wiss. Sicher aber ist: Willi Hübner gehört nicht dazu. Nach der Bekanntschaft mit Goebbels an jenem 8. März 1945 folgt eine Einladung nach Berlin; erst in das Gästehaus von Reichsjugendführer Artur Axmann, dann am 19. März in die Reichskanzlei. Gemeinsam mit einer Gruppe junger Soldaten tritt Hüb- ner vor dem „Führer“ persönlich an, der dem aufgeregten Willi über die Wange streicht. Während die ausgelaugten Soldaten an der Ostfront krepieren, lässt das Regime ausge- wählte Kindersoldaten in die Hauptstadt bringen – wie bei einem Schulausflug im tiefs- ten Frieden. Wer mitfahren darf, entkommt dem Schlachten, wenn auch nur für kurze Zeit. Wer Pech hat, verbleibt im Kugel- und Granatenhagel der Front. „Ohne Glück bist du im Krieg nichts“, sagt Willi Hübner später in einem Interview, als er, mittlerweile ein al- ter Mann, an die Zeit damals zurückdenkt. Glück, das unzählige andere nicht hatten. Thomas Hauser , M. A., lebt in Mittelfranken und arbei- tet unter anderem als Historiker und Autor. dung führt Nehring im Februar 1943 das XXIV. Panzerkorps an der Ostfront, später die 4. und die 1. Panzerarmee. Nach dem Krieg arbeitet er – wiederum mit Guderian – an Schriften über den Krieg und berät die CDU beim Aufbau der Bundes- wehr , wofür er 1973 mit dem Bundesver- dienstkreuz 1. Klasse ausgezeichnet wird. Nehring stirbt zehn Jahre später im Alter von 90 Jahren in Düsseldorf.

auf dem ostwärts Logau gelegenen Linden- berg die Hand. Einen Tag später nehmen Sol- daten der Führer-Begleitdivision den Silber- EILIG ZUSAMMENGESTELLT: Panzervernich- tungstrupps sollen die sowjetische Panzer- walze aufhalten Foto: SZ Photo/Süddeutsche Zeitung Photo

berg – der Kessel ist dicht. Mörderisches Feuer

Den sowjetischen Truppen bleibt nur eine Option: raus aus der Umklammerung, koste es, was es wolle. Während des Rückzugs durch das Queis-Tal spielen sich dramati- sche Szenen ab: In ihrem Versuch, die mitun- ter ausgesprochen dünne Kesselwand zu durchbrechen, ballt sich alles auf der Straße entlang des Flusses unterhalb zweier Höhen- züge. Auf diesen fährt nun deutsche Artille- rie auf und schießt die zurückflutenden Ein-

heiten zusammen. Das Feuer der Geschütze entfaltet eine fürchterli- che Wirkung unter den dicht an dicht gedrängt stehenden Lkw, Pan- zern und Pferdegespannen. Mensch und Tier werden von den punktge- nau liegenden Salven gleicherma- ßen zermalmt. Das mörderische MG-Feuer der Infanterie und der Panzer tut sein Übriges. Sogar die Luftwaffe gibt eines ihrer selten ge-

„Die Verluste des Feindes sind erheb- lich. Wir haben als vorläufiges Ergebnis 149 Panzer und 142 Pak vernichtet.“ General der Panzertruppe Walther Nehring in einem Rundfunkbeitrag am 7. März 1945

Der weitere Verlauf des Krieges zeigt je- doch, dass die Rückeroberung militärisch sinnlos war: Der Entsatzangriff auf Breslau kommt nicht zustande, die dafür vorgesehe- nen Divisionen werden anderswo dringen- der gebraucht. Auch wenn die wiederge- wonnene Bahnlinie keine besondere Bedeu- tung mehr für die Wehrmacht hat, können doch zahllose Alte, Frauen und Kinder die Verbindung zur Flucht nutzen und nach Westen entkommen. Die Front bei Lauban bleibt bis in den Mai 1945 hinein relativ stabil. Die sowjetischen

wordenen Gastspiele und greift mit Schlachtfliegern und Jagdbombern in die Gefechte ein. Als die Kämpfe zu Ende gehen, ist das Ziel der Operation erfüllt: Die Bahnlinie ist wieder in deutscher Hand und geht am 9. März 1945 wieder in Betrieb. Während die Zahl der eingebrachten Gefangenen mit nicht einmal 200 gering und der Geländege- winn moderat ausfällt, sind die materiellen Verluste der Roten Armee erheblich. Allein die 17. Panzerdivision vernichtet am ersten Angriffstag 80 Feindfahrzeuge, 150 Abschüs-

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Clausewitz 4/2022

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