Clausewitz

Steiler Aufstieg

Krieg des Deutschen Bundes gegen Dänemark dient der frisch zum Hauptmann beförderte Prinz zunächst im Stab des Oberbefehlshabers der deutschen Bundestruppen, Friedrich von Wrangel. Als Kompaniechef im ersten Garde- regiment weilt Friedrich Karl anschließend an vorderster Front und führt seine Truppen per- sönlich in den Kampf. Mehrmals ist das Glück auf seiner Seite, als beispielsweise sein Mantel von mehreren Kugeln durchlöchert wird. Bei Gefechten in Schleswig und bei Düppel zeichnet er sich derart aus, dass Wrangel ihn für die Verleihung des Ordens Pour le Mérite vorschlägt, den der Prinz wenig später aus der Hand seines Onkels, König Friedrich Wilhelm IV., auch verliehen bekommt. Wieder in der Heimat, wechselt Friedrich Karl zur Kavallerie und dient zuerst als Rittmeister im Regiment Garde du Corps, ehe er als Major zu den Gar- dehusaren kommandiert wird. Als erster preu- ßischer Prinz trägt er nun die charakteristische rote Uniform, weshalb das gemeine Volk ihn bald nur noch als „Roten Prinzen“ bezeichnet. Schwere Verwundung 1848 und 1849 erschüttert eine Welle von Revolutionen fast ganz Europa. Auch im Deutschen Bund gärt es. Preußische Trup- pen nehmen 1849 an der Niederschlagung der Revolution in Baden und in der Pfalz teil, wobei auch Friedrich Karl wieder mit- wirkt. An der Spitze einer Reiterschwadron

Friedrich Karl von Preußen BIOGRAFISCHE DATEN reußen

20. März 1828 geboren in Berlin 1838 Eintritt in das 1. Garde-Regiment zu Fuß 1846–1848 Studium der Rechts- und Geschichts- wissenschaften in Bonn 1848 Teilnahme am Krieg gegen Dänemark; Pour le Mérite 1849 Teilnahme an der Niederschlagung der badischen Revolution; schwere Verwundung 1857 Kommandeur der 1. Gardedivision

1859 Kommandeur der 3. Division 1860 Kommandierender General des III. Armeekorps

1864 Korpskommandeur; später Ober- befehlshaber im Deutsch-Dänischen Krieg 1866 Armee-Oberbefehlshaber im Preußisch- Österreichischen („Deutschen“) Krieg 1870/71 Armee-Oberbefehlshaber im Deutsch-Französischen Krieg; Ernennung zum Generalfeldmarschall 1871 Inspekteur der III. Armee-Inspektion; anschließend weitgehender Rückzug ins Privatleben 15. Juni 1885 gestorben in Klein-Glienicke seinen Offizieren wenig beliebt war, da er sie durch seine strenge Moralität und ein etwas schroffes Wesen abstieß.“ Doch anders als viele Altvorderen hält der kommende Mann

Moltke große Stücke auf Friedrich Karl: „Der Prinz hat eine wahre Passion für die Sache“, schreibt Moltke seiner Frau. „Seine Arbeiten sind sehr gut. Ich glaube, er ist der Mann, der einmal den alten Waffenruhm von Preußens Heer wiederherstellen wird.“ Unbequemer Reformator Auch bei seinen weiteren Dienstverwendun- gen trifft Friedrich Karl mit seinen Reform- ideen auf großen Widerstand. 1854 avanciert er zum Kommandeur der Gardekavallerie, drei Jahre später zum Kommandeur der 1. Gardedivision. Hier fordert er schnelle und große Marschleistungen von der Infanterie und spricht sich gegen übermäßigen Parade- drill aus. Auch taktisch blickt der Prinz voraus und macht sich für die Einführung des zer- streuten Infanteriegefechts stark. Doch seine ihm unterstellten Offiziere laufen Sturm gegen das revolutionäre Gedankengut des Prinzen. Schon nach wenigen Wochen ist das Tischtuch zwischen ihm und seinen Untergebenen hoff- nungslos zerschnitten. Prinzregent Wilhelm, der dem kranken Friedrich Wilhelm IV. auf den preußischen Thron gefolgt ist, will seinen Neffen aus der Schusslinie nehmen und ver- setzt ihn zur 2. Gardedivision. Doch Friedrich Karl fühlt sich in seiner Ehre gekränkt und bittet seinen Onkel darum, ihn von der neuen Stellung zu entbinden. Im folgenden Jahr kehrt Friedrich Karl dem militärischen Dienstbetrieb den Rücken und reist durch Frankreich und Großbritannien. SELBSTBEWUSST: Friedrich Karl im Alter von etwa 37 Jahren (um 1865). Mit seinen Reformideen stößt er bei führen- den Militärs nicht selten auf taube Ohren Foto: picture-alliance/akg-images

„Ich glaube, er ist der Mann, der einmal den alten Waffenruhm von Preußens Heer wiederherstellen wird.“ Helmuth von Moltke Mitte der 1850er-Jahre über Friedrich Karl

kämpft er im Gefecht bei Wiesenthal mit und attackiert im vollen Galopp die gegnerische Schützenlinie. Zwei Kugeln zerschmettern seine Schulter und seine Hand, sein linker Arm wird Zeit seines Lebens nur noch ein- geschränkt bewegbar sein. Den weiteren Feld- zug kann der Prinz nur noch vom Wagen aus verfolgen. Zudem hinterlässt die Verwundung auch seelische Spuren. „Der frische Wagemuth der Jugend“, so sein früher Biograf Bernhard von Poten, „war dahin; an seine Stelle traten Bedächtigkeit und kaltblütigere Ueberle- gung.“ Wieder in Berlin, wirft sich Friedrich Karl in den Ausbildungsbetrieb seiner ihm übertragenen Eskadron. Kontinuierlich setzt er sich für eine moder- nere Ausbildung der Kavallerie ein und macht sich damit nicht nur Freunde. Viele konser- vative Militärs sehen in dem jungen Prinzen einen lästigen Besserwisser. Helmuth von Moltke, der spätere Chef des Generalstabes, berichtet Anfang der 1850er-Jahre, dass „der Prinz trotz hoher Kameradschaftlichkeit bei

GROSSER STRATEGE: Helmuth von Molt- ke (1800–1891) hält große Stücke auf Friedrich Karl von Preußen als Militär und attestiert ihm „eine wahre Passion für die Sache“ Abb.: picture-alliance/dpa|Bifab

91

Clausewitz 5/2025

Made with FlippingBook flipbook maker