Clausewitz

FRIEDRICH KARL VON PREUSSEN

VERGESSENER FELDHERR: Friedrich Karl von Preußen in der Schlacht bei Le Mans 1871, in der seine 2. Armee einen wichtigen Sieg über die Franzosen erringt – doch seine Erfolge als Heerfüh- rer verblassen vergleichsweise schnell Abb.: picture-alliance/imageBroker|Wolfgang Diederich

In den wechselvollen 1850er-Jahren kann der unbequeme Prinz lediglich auf einen Gleich- gesinnten zählen: den Chef des Generalstabs Karl von Reyher. Zwischen beiden Männern entwickelt sich ungeachtet des Altersunter- schieds von 42 Jahren sogar so etwas wie Freundschaft. „Alles, was ich gelernt habe, verdanke ich dem General von Reyher“, wird der Prinz später über seinen väterlichen Freund sagen. Wichtiger Prestigeerfolg Im Jahr 1859 kehrt der Prinz in den aktiven Dienst zurück. Zunächst als Kommandeur der 3. Division in Stettin, dann – ein Jahr später – als Kommandierender General des III. Armeekorps ist er endlich in einer Stel- lung, in der er seine Ideen ohne Rücksichten auf andere in die Tat umsetzen kann. Fieber- haft macht er sich ans Werk, um die Aus- bildung seines Korps voranzutreiben. Seine Infanteristen, schreibt der Prinz, sollen nicht in dichten Schützenlinien, sondern mithilfe von sprunghaftem Vorgehen an den Feind heranrücken. Im Rahmen der großen Manöver des Jahres 1863 hat der Prinz Gelegenheit, seine Refor- men in der Praxis zu erproben. Der Erfolg gibt ihm Recht. Bereits ein halbes Jahr später, Anfang 1864, werden seine Gedankengänge in einem veritablen Krieg auf die Probe gestellt: Erneut kommt es aufgrund der Zukunft der Herzogtümer Schleswig und Holstein zwischen einigen deutschen Staaten und

„Mehr Taktiker als Stratege, ein hervorragender Truppenerzieher, als Feldherr ohne Genialität, war Friedrich Karl sicher von Entschluss und zähe im Durchhalten.“ Urteil des Historikers Helmuth K.G. Rönnefarth über Friedrich Karl

I. Armeekorps, mit dem er zunächst in die umstrittenen Herzogtümer einmarschiert. Nach anfänglichen Misserfolgen bei Missunde leitet er die Belagerung und den erfolgreichen Sturm auf die hart umkämpften Düppeler Schanzen bei Sonderburg (dänisch: Sønder- borg) und erringt damit einen Prestigeerfolg. Im Mai 1864 übernimmt der Prinz sogar den Oberbefehl von Wrangel und lässt seine Trup- pen nach Alsen übersetzen. Erst jetzt lenkt das

Dänemark zu bewaffneten Auseinanderset- zungen. Wie bereits 1848 übernimmt Gene- ral von Wrangel auch jetzt den Oberbefehl über das österreichisch-preußische Aufge- bot. Friedrich Karl befehligt das gemischte

geschlagene Dänemark ein. Siegreicher Feldherr

Nach dem Krieg von 1864 übernimmt Fried- rich Karl wieder das Kommando über das III. Armeekorps. Doch lange währt die Waf- fenruhe in Mitteleuropa nicht. Keine zwei Jahre später kommt es zwischen Preußen und Österreich zum „Deutschen Krieg.“ Der „Rote Prinz“ übernimmt den Oberbefehl über die 1. Armee und trägt mit dieser zum raschen preußischen Sieg bei. Weitere Gelegenheit, seinen Ruhm zu mehren, erhält Friedrich Karl bereits 1870. Im Krieg gegen Frankreich übernimmt der Prinz erneut die Führung einer Armee (die 2.) und erringt mit ihr Siege in den verlustreichen

STREITBARE PERSON: Friedrich Karl ist ein bedeutender, wenngleich nicht unumstrittener preußischer Feldherr, dem manche militärische Weggefährten Besserwisserei und ein schroffes Wesen vorwerfen Abb.: Archiv Clausewitz

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