IHK-Magazin Ausgabe 06/2023

STANDORT

dukt veränderte aber nicht nur das Sortiment, sondern auch das Unternehmen selbst, wie Wolfram Krattinger ausführt: „Die Entwicklung gab dem Team geradezu das Gefühl, in einem Start-up zu arbeiten, das mit einer neuen Entwicklung die Welt ein Stück besser macht.“ Für seine Arbeit wurde hawo 2021 und 2022 mit dem German Inno- vation Award ausgezeichnet. Neben dem vollständigen Ersatz der Erdölbasis kann bereits eine teilweise Substituierung durch nachwachsen- de Rohstoffe zu einer Verbesserung der Ökobilanz eines Produktes führen. Dieser Ansatz ist Timm Oberhofer wichtig. Der Geschäftsführer der Oberhofer Kunststoff GmbH aus Schönau beschäftigt sich intensiv mit der Frage, wie sein Unternehmen Kunststoff-Produkte nach- haltiger produzieren kann. Gelungen ist das bei einem speziellen Angebot: Plastikeimer aus „Krünstoff“, einem selbst entwickelten Kunststoff, der zu 30 Prozent aus grünem Wiesengras besteht. Weshalb aber Gras? „Gras ist für mich ein echter, nachwachsender Rohstoff, der allzu oft nur als Abfallprodukt angesehen wird“, erklärt Timm Oberhofer: „Holz sehe ich hingegen nicht als schnell nachwachsenden Rohstoff an. Ein gesunder Baum ist für mich immer schützenswert.“ Bis der Krünstoff wie Kunststoff verarbeitet werden konn- te, war viel Entwicklungsarbeit notwendig. Für Oberhofer kam nicht infrage, die Wandstärke der Wiesengras-Produk- te zu erhöhen, um den nachhaltigen Füllstoff problemlos einbinden zu können. Ein Füllstoff ist ein Zusatzstoff, der zum Grundmaterial zugegeben wird – in diesem Fall Wie- sengras. Vielmehr fertigte das Unternehmen aus Krünstoff ganz bewusst Eimer – ein in diesem Zusammenhang her- ausforderndes Produkt, da der Plastikanteil normalerweise besonders hoch ist. Weitere Verwendungsmöglich- keiten für den Krünstoff sind ebenso in Pla- nung wie die Verarbeitung zusätzlicher nachhaltiger Füllstoffe, zum Beispiel Kirschkernschalen, Weinreben oder Kaffeesatz. Ideal wären‚ so Timm Oberhofer, „Ab- fallprodukte“ aus der Nahrungsmittelindus- trie. Hierfür würden nämlich keine zusätzlichen Agrarflächen be-

Drei IHK-Tipps zur Bioökonomie

1. Wenn Reste, die im Produktionsprozess anfallen, einer weiteren Verwendung zugeführt werden, redu - ziert dies nicht nur das Abfallvolumen und die Entsor - gungskosten, sondern verbessert auch die Gesamt-CO2 - Bilanz.

Bei Sanierung und Neubau sind verstärkt nachhaltige Baustoffe gefragt, die nicht nur

2.

bioökonomische Ansätze auch wirtschaftliche Heraus- forderungen mit sich bringen können. So kostet es oft Zeit und Geld, Lieferketten und Produktionsprozesse anzupas- sen, rechtskonform auszugestalten, neue Erfahrungen zu sammeln und Mitarbeiter zu schulen. Hinzu treten Markt- trends und die Mentalität der Verbraucher: Nicht jedes ökologisch einwandfreie Produkt wird auch automatisch nachgefragt. „Das muss ein Markt erst einmal verkraften können“, erklärt IHK-Experte Thilo Schenk. Doch auf der Plusseite kann die Begeisterung der eigenen Belegschaft stehen, aktiv zum Umweltschutz beizutragen. Und ganz allein sind die Unternehmen nicht. Kooperationen zwischen Betrieben, Hochschulen und Kommunen helfen, die notwendigen Kompetenzen interdisziplinär auszubauen, den Transfer in die Praxis zu beschleunigen, Fördermittel einzuwerben und durch kommunikative Maßnahmen zu flankieren. Deshalb will die Metropolregion Rhein-Neckar mit ihrem Vorhaben „KommBÖ4MRN“ kommunale und urbane Netzwerke stärken und durch den Aufbau von regionalen Wertschöp- fungsketten bioökonomische Potenziale heben. Die IHK hilft sowohl über ihr Technologietransfer-Angebot als auch über die Kompetenzstelle Ressourceneffizienz Rhein- Neckar (KEFF+) Unternehmen, die den Weg in die Bioöko- nomie wählen. Dr. Stefan Burkhardt recyclingfähig sind, sondern sich auch positiv auf die CO2-Bilanz auswirken. So können zum Beispiel Holzfaser- Dämmplatten im Dachbereich Mineralwolle ersetzen oder im Fassadenbereich anstelle von Polystyrol Verwendung finden. Weitere Dämmstoffe können aus Hanf und Altpapier hergestellt werden. 3. Was viele Unternehmen nicht wissen: Auch für die Anschaffung neuer Maschinen, die Material, Energie oder CO2-Emissionen einsparen, stehen Fördermittel zur Verfügung. Mehr Tipps gefällig? Das IHK-KEFF+-Team unterstützt durch eine individuelle Erstanalyse bei den Themen Energie- und Materialeffizienz. ihk.de/rhein-neckar/keffplus

nötigt, die zur Ernährung für Mensch und Tier notwen- dig sind. Die Erfolgs- geschich- ten von

hawo und Oberhofer zeigen, dass

27

IHK Magazin Rhein-Neckar 06 | 2023

Made with FlippingBook Learn more on our blog