Schiff Classic

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Worten: „Übermorgen früh um acht Uhr werden wir Port Stanley angreifen!“ Was er nicht wusste: Admiral Sir John Fisher, Englands Erster Seelord, strebte geradezu besessen danach, die Nieder- lage von Coronel zu rächen und hatte bereits am 11. Novem- ber zwei seiner schnellen Schlachtkreuzer HMS Invincible und HMS Inflexible in einem beispiellosem Eiltempo nach Port Stanley in Marsch gesetzt. Am späten Abend des 7. Dezember trafen sie dort ein, und als sich die Deutschen am folgenden Morgen des 8. Dezember Port Stanley näher- ten, wurden sie schon von den beiden Super-Dreadnoughts erwartet, die gerade ihre Kohlenbunker aus den längsseits liegenden Kohlendampfern auffüllten. Dazu waren noch die Panzerkreuzer Admiral Stoddarts: Carnarvon , Kent und Cornwall gestoßen, die sich befehlsgemäß im brasilianischen Abrolhos den Dreadnoughts angeschlossen hatten und die insgesamt 34x15-cm-Rohre ins Gefecht bringen würden. Zusammen mit den 16x30,5-cm-Geschützen der beiden Schlachtkreuzer eine Dominanz der Briten an schweren Waffen, der die Kreuzer Admiral Spees in keiner Weise gewachsen waren. apitän zur See Lüdecke hatte es geahnt. Als erster erfuhr es Kapitän zur See Maerker auf der zusammen mit Nürnberg voraus laufenden Gneisenau , was da im Hafen von Port Stanley lag. Sein Navigationsoffizier am stark vergrößern- den Entfernungsmesser hatte ihm Schiffe, aufsteigende Rauchwolken und Masten gemeldet, als sie sich dem Hafen näherten. Das war nichts weiter Aufregendes, wo ein Hafen war, da lagen auch Schiffe. Aber dann meldete ihm der Mann Dreibeinmasten, die hinter einem Hügel hervorlugten. Das war schon beunruhigender. Er wusste, Dreibeinmasten stan- den bei der Royal Navy nur auf den Dreadnoughts, den schnellen Schlachtkreuzern des Ersten Seelords. Maerker wollte es erst nicht glauben, sah selber hin – tatsächlich, Dreibeinmasten! Und er erkannte auch den Panzerkreuzer Kent , den Kleinen Kreuzer Glasgow und das auf Grund gesetzte alte Linienschiff Canopus , das mit seinen 2x30,5- cm-Geschützen die Einfahrt sichern sollte. Mein Gott, ging es ihm durch den Kopf, da liegt eine ganze Flotte; und der Admiral weiß noch nichts davon. Er holte tief Luft: „Klar Schiff zum Gefecht! Über Morsescheinwerfer an Flaggschiff: Kriegsschiffe in Port Stanley – Gesichtet Canopus , Kent , Glasgow – Dreibeinmasten – Bereite alles für Angriff vor.“ Er hörte ein dumpfes Orgeln in der Luft, dann stiegen Backbord voraus zwei riesige Wassersäulen aus der See, Geschützdonner hallte vom Hafen herüber. Das musste die alte Canopus sein, die mit ihren 30,5-cm-Rohren das Feuer eröffnet hatte; wohl mehr, um die Dreadnoughts und den Admiral auf den nahenden Gegner aufmerksam zu machen, als die anmarschierenden Deutschen zu treffen. Und die Kent war im Auslaufen begriffen, das konnte er auch ohne Fernglas sehen, und er wollte sie als Erste angreifen, noch bevor sie den Hafen verlassen konnte. Doch jetzt griff der Geschwaderchef ins Geschehen ein. Signal von Flaggschiff: „Gefecht nicht annehmen – Sammeln auf östlichem Kurs – Hohe Fahrt laufen.“ Maerker fasste sich an den Kopf. Hier bot sich eine ein- malige Chance, ein feindliches Geschwader zu vernichten, K

ienstag, 8. Dezember 1914, 17:15 Uhr Ortszeit. Die Schlacht war geschlagen, das deutsche Ostasien-Kreuzergeschwader des Vizeadmi- rals Graf von Spee vernichtet. Der Große Kreuzer Scharnhorst , Flaggschiff des Grafen

Spee, hatte seine letzte Salve gefeuert, als der vordere Geschützturm nur noch zwei Meter aus dem Wasser ragte. Dann war das verwüstete, brennende Schiff über seine Backbordseite rauschend in die Tiefe geglitten und hatte seine gesamte Besatzung mitgenommen; alle, einschließ- lich Admiral und Geschwaderstab. Ein eiserner Sarg für 860 Männer. Zwei Stunden später sank auch das Schwesterschiff Gnei- senau . Nachdem Kapitän zur See Maerker der Ausfall des letzten noch intakten Geschützes gemeldet wurde, war der Große Kreuzer waffenlos, und der Kommandant konnte als letzten Befehl nur noch die Selbstversenkung anordnen. Nach Zünden der Sprengpatronen und Öffnen der See- ventile kenterte das Schiff und sank über das Heck. Einge- hüllt in eine Wolke von Dampf und Qualm folgte es seinem Schwesterschiff auf den Grund des Südatlantiks. Die Über- lebenden des einseitigen Gefechts waren schon von Bord befohlen und klammerten sich an alles Schwimmfähige, hatten aber in dem drei Grad kalten Wasser nur geringe Überlebenschancen. Die britischen Schlachtkreuzer HMS Invincible und HMS Inflexible hatten das Feuer eingestellt, preschten mit hoher Fahrt herbei und setzten Boote aus – die Rettung für 187 Überlebende der mörderischen Seeschlacht, die eigent- lich ein Verfolgungsgefecht war. Kapitän zur See Lüdecke, Kommandant des Kleinen Kreuzers Dresden , hatte das Desaster kommen sehen. Schon die Entscheidung des Admirals, nach seinem Seesieg über das Kreuzergeschwader des britischen Admirals Craddock bei Coronel am 1. November jetzt mit einigen Landungs- korps den britischen Flottenstützpunkt Port Stanley auf den

„Klar Schiff zum Gefecht! Gesichtet Canopus, Kent, Glasgow – Dreibein- masten – Bereite alles für Angriff vor“ Kapitän zur See Maerker vom Großen Kreuzer Gneisenau

Falklandinsel ohne vorherige, gesicherte Aufklärung anzu- greifen, hielt er für falsch. Auf der den Überfall vorbereiten- den Kommandantensitzung auf dem Flaggschiff hatte er auch mit seiner Meinung nicht hinterm Berg gehalten, wusste er doch Kapitän zur See Maerker von der Gneisenau und auch den Leipzig -Kommandanten, Fregattenkapitän Haun, hinter sich. Aber der Geschwaderchef hatte ihre Be- denken im Vertrauen auf die Schlagkraft seines massiert vorgehenden Geschwaders vom Tisch gewischt und sich auch nicht von der Möglichkeit in Port Stanley liegender, starker britischer Seestreitkräfte beeindrucken lassen. Er war der festen Überzeugung, keine Schiffe der Royal Navy bei den Falklands vorzufinden und schloss die Sitzung mit den

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