achdem Brandenburg einen Waffen- stillstand mit Schweden geschlossen hatte und nicht mehr aktiv an Kampf- handlungen beteiligt war, beauftragte Fried- rich Wilhelm 1647 den ehemaligen holländi- schen Admiral Gijsels van Lier, Vorschläge zum Aufbau einer Kompanie für den Ost- indien-Handel einzureichen. Aus Mangel an geeigneten Häfen fasste man den Ausbau des kleinen ostpreußischen Pillau ins Auge. Für die Gründung einer Brandenburgisch-Ostindischen Handels- kompanie stand jedoch kaum Kapital zur Verfügung, die ursprünglich veranschlagten eine Million Taler wurde rasch auf 300.000 herabgesetzt. Zwar schloss Brandenburg in den kommenden Jahren Verträge mit Ham- burg über die Gründung einer Faktorei ab und erwarb sogar die Dänisch-Ostindische Kompanie, die König Friedrich III. veräußer- te. Doch zum Aufbau einer entsprechenden Kriegs- oder Handelsflotte kam es nicht. Nur vereinzelt wurden Schiffe angemietet, dar- unter zwischen 1661 und 1664 erstmals eine Fregatte mit dem Namen Chur Prinz . Erfolgreicher Beginn Erst mit dem Ausbruch eines neuen Krieges mit Schweden 1674 lebten die Pläne des Kur- fürsten neu auf. Hierbei kam ihm der hollän- dische Reeder Benjamin Raule zu Hilfe, der nach etlichen gescheiterten Geschäften vor seinen Gläubigern nach Brandenburg geflo- hen war. Der Kurfürst stellte ihm einen Kaperbrief aus, während Raule drei in den Niederlanden gebaute Fregatten und zwei kleinere Schiffe ausrüstete. Die drei Fregatten waren mit 16 bis 20 Ka- nonen bewaffnet und erhielten die Namen Potsdam , Berlin und Churprinz . In kurzer Zeit kaperte Raule 21 schwedische Handelsschiffe. In Brandenburg gab es für diese Prisen jedoch keinen Markt, und da England und die Gene- ralstaaten ebenfalls nicht bereit waren, diese Schiffe zu erwerben, mussten sie wieder frei- gegeben werden. 1675 erhielt er einen Vertrag, der ihn zur Beschaffung von zehn Schiffen beauftragte, die fortan als brandenburgische Marine fun- gierten. Bis 1679 waren acht Einheiten in Dienst, darunter die Fregatte Chur Prinz mit 24 Geschützen, über die es aber nur wenig N
Informationen gibt. Zwar wird die Chur Prinz , gelegentlich auch Churprinz von Branden- burg genannt, stets als Fregatte bezeichnet, wahrscheinlich handelte es sich aber eher um ein bewaffnetes Pinass-Schiff, das damals als Handelsfahrer sehr beliebt war. 6FKLɃHJHPLHWHW Der prinzipielle Aufbau des Rumpfs, die Take- lage mit drei Masten und das im 17. Jahr- hundert prächtig verzierte Spiegelheck unter- schieden sich nur wenig. Allerdings verfüg- ten die bereits als reine Kriegsschiffe gebauten Fregatten über durchgehende Batteriedecks, während Pinass-Schiffe abgetrennte Kajüten und Laderäume besaßen. Das Gemälde des niederländischen Malers Lieve Verschuier aus dem Jahr 1684, die be- kannteste Darstellung der Kurbrandenbur- gischen Marine, zeigt rechts im Hintergrund die Churprinz mit zwei Kanonendecks. Den Heckspiegel ziert ein Figurenporträt, bei dem es sich sehr wahrscheinlich um den Kurprin- zen, den späteren Friedrich III., handelte. Wie die übrigen Schiffe aus dem Raule- Kontrakt war die Chur Prinz auf sechs Jahre gemietet, oder modern gesprochen „geleast“, ohne dass der Kurfürst die Möglichkeit hatte, das Schiff anschließend zu erwerben. 1676 nahm ein brandenburgisches Geschwader mit drei Fregatten und dem Flaggschiff Chur- prinz von Brandenburg am Gefecht von Born- holm teil, wobei die schwedische Fregatte Leopard und ein Brander gekapert wurden. 1678 diente die Fregatte als Flaggschiff von Kapitän Claus von Bevern, der mit einem kleinen Geschwader in die Elbmündung geschickt wurde, um französische Kaper- fahrer und Hamburger Handelsschiffe auf- zubringen, denn die Stadt war mit ihren Sub- sidien-Zahlungen gegenüber dem Kurfürsten im Rückstand. XQGJHNDSHUW Zwei Jahre später entsandte Friedrich Wil- helm sogar sechs Fregatten nach Ostende, um aus den gleichen Gründen spanische Schiffe zu kapern. Teil des Geschwaders war auch die Chur Prinz , die in den Listen mit 32 Stü- cken geführt ist. Das war durchaus nicht unüblich, denn unabhängig von der Anzahl der Stückpforten und der möglichen Maxi-
„Seefahrt und Handlung sind die fürnehmsten Säulen des Estats“ Kurfürst Friedrich Wilhelm
43
SCHIFF Classic 6 | 2025
Made with FlippingBook flipbook maker