Schiff Classic

SEESCHLACHTEN & GEFECHTE

Handhabung der Kanonen ausgebildeten Kanoniere waren erfahrene Seeleute. Anders bei den Spaniern: Hier bedienten ausschließ- lich Soldaten die Kanonen, die nur schlecht daran ausgebildet waren und sich zudem mit dem Bordleben schwertaten. Elisabeth nutzte den Vorsprung. Sie ver- mietete ihre schnellen und kampfstarken Schiffe an Freibeuter und verband damit die Hoffnung auf lohnende Geschäfte. Ihr Kal- kül ging auf. Unter den vielen (englischen und französischen) Schiffskapitänen, die den Spaniern als Antwort auf deren Handels- embargo ihre koloniale Beute auf See und das Monopol auf den Sklavenhandel streitig machten, raubten und plünderten, stachen besonders John Hawkins und sein Vetter Francis Drake hervor. Sie sollten in der Flotte Karriere machen und in der Armada- Schlacht eine maßgebliche Rolle spielen. Drake brachte seiner Königin von seinen Kaperfahrten märchenhafte Gewinne mit und setzte mit seiner Weltumsegelung (the famous voyage) von 1577 bis 1580 eindeutige Zeichen in Richtung englische Seemacht. Öffentlichkeitswirksam ließ Elisabeth ihren Volkshelden, dem sie offen sagte, dass sie ihn für einen Schurken hielt, im Jahr 1581 auf dessen Flaggschiff Golden Hinde zumRit- ter schlagen. Schlüsselfigur Francis Drake Im April 1587 legte Drake nach, indem er unter dem Motto „Singeing the King of Spain’s Beard“ nach Cadiz segelte, mit seinen weit schießenden Kanonen die Hafenanlagen ver- wüstete, 30 Handelsschiffe in Brand schoss und sechs als Prisen mitnahm. Eine beispiel- lose Demütigung und ein schwerer Schlag für die Spanier, die im eigenen Seegebiet hilf- los zusehen mussten, wie ihre teuren Schiffe ohne Schutz der altehrwürdigen, aber wir- kungslosen Galeeren vernichtet wurden. Jetzt rächte sich der nach Lepanto einset- zende Unwille oder das Unvermögen der Spanier, sich auf Neues einzulassen; ihre Schiffe hatten nach wie vor aufragende Vor- der- und Achterkastelle, die ihnen zwar eine zuverlässige Standfestigkeit gaben, aber für schlechte Segel- und Manövrierfähigkeiten sorgten. Außerdem waren sie langsam und mit schweren Eisenkanonen armiert. Im ver- hältnismäßig ruhigen Mittelmeer mochte ihre Schwerfälligkeit kein größeres Problem sein, aber im Nordatlantik bei Sturm? Im Verband gab zwangsläufig immer das trägste Schiff den Takt vor, was im schlechtes- ten Fall zur Bewegungsunfähigkeit der gan- zen Flotte führte. Einzig im Enterkampf verbuchten die Spanier ein Plus, denn ihre

STARKE WIDERSACHERIN: Königin Elisabeth I. war fest entschlossen, den Protestantismus gegen den katholischen Einfluss zu verteidigen, und wusste die Freibeuter Francis Drake, Martin Frobisher und John Hawkins für sich und die Politik Englands einzunehmen Foto: picture-alliance/CPA Media

ELISABETHS ADMIRAL: Charles Howard of Effingham führte Englands Flotte gegen die spanische Armada Foto: Interfoto/BaptisteD

VIERMASTGALEONE: Die ArkRoyal war Howards Flaggschiff, mit dem er allerdings nicht direkt in die Kämpfe eingriff Foto: Sammlung GSW großen Schiffe konnten viele für den Zwei- kampf trainierte Soldaten transportieren, die von den erhöhten Plattformen aus in einer günstigen Ausgangsposition waren. Philipp II. wusste um die Nachteile seiner Flotte – eine komplett neue konnte er in kur- zer Zeit aber nicht bauen lassen –, sodass er allein auf einen Entersieg setzte. Und die Zeit drängte, weil die Engländer immer stärker wurden und der Protestantismus nach der Hinrichtung der zu Spanien haltenden ka- tholischen Königin von Schottland Maria Stuart immer größere Verbreitung auf den britischen Inseln erfuhr. Alles zusammenge-

FLAGGSCHIFF DRAKES: Auf dem Achter- kastell der 1577 vom Stapel gelaufenen Golden Hinde (auch Golden Hind ) ließdie Königin ihren Meisterpiraten Francis Drake 1581 zum Ritter schlagen Foto: Sammlung GSW

45

SCHIFF Classic 5 | 2022

Made with FlippingBook flipbook maker