NEUE MANNSCHAFT, ALTER ANSTRICH: Die Preußen , das ehemalige „Bereisungsschiff“ des preußischen Oberpräsidenten der Rheinprovinz Foto USMC Archives
es ständig zu (häufig auch gewaltsamen) Zu- sammenstößen. Bei den Belgiern sind nur wenige Fälle bekannt geworden, bei den Amerikanern gar keine. Den Aktivitäten rheinländischer Separatisten, die von den Franzosen eifrig gefördert wurden, standen die Amerikaner eher gleichgültig gegenüber. Viele deutsche Zivilisten fanden ein gutes Auskommen als Beschäftigte der Amerikaner, Sport- und Kulturveranstaltungen brachten etwas überseeisches Flair nach Koblenz und Umgebung. Und viele der Soldaten der in Michigan und Wisconsin rekrutierten 32 nd Division waren deutschstämmig und be- herrschten die deutsche Sprache, man nann- te sie die „Gemütlichkeit boys“. Im Juli 1919 wurde aus der 3 rd Army die AFG (American Forces in Germany), kom- mandiert von Generalmajor Henry Tureman Allen. Ende 1919 zählten nach drastischen Truppenrückführungen noch 20.000 Mann dazu. Bedeutung des Rheins Die amerikanischen Streitkräfte in Deutsch- land hatten sogar ihre eigene Marine, da die Kontrolle des Rheins für die Alliierten sehr wichtig war. Als Verkehrsader und potenziel- le Schmuggelroute war der Rhein von beson- derer Bedeutung, die deutsche Polizei gemäß den Bestimmungen des Versailler Vertrages in den Besatzungszonen aber unbewaffnet. Gerade die Franzosen sahen in einer schwerbewaffneten Präsenz auf dem Rhein ein Druckmittel, Deutschland zu Erfüllung der harten Bedingungen des Diktatfriedens zu zwingen. Sie verlegten über den Rhein-
Marne-Kanal Motortorpedoboote mit Kano- nenbewaffnung auf den Rhein. Das Haupt- quartier dieser Flottille wurde Mainz. Die Briten schickten Motor Launches, das waren kleine Motorboote zur Hafenverteidi- gung und U-Boot-Jagd, mit 19 Knoten relativ langsam, aber im Arsenal der Royal Navy reichlich vorhanden (580 Stück gebaut). Von zwölf Booten, die in Portsmouth losfuhren, gingen zwei im Ärmelkanal verloren, die rest- lichen zehn erreichten über Seine, Marne und Rhein-Marne-Kanal ihren Bestimmungsort. Stützpunkt wurde Köln. Als Verbindungs- offizier zwischen britischen und französi- schen Marinekräften auf dem Rhein fungier- te Capitaine de Corvette François Darlan, der spätere Oberbefehlshaber der Vichy-fran- zösischen Flotte. Flussdampfer bemannt Zwischen Briten und Franzosen sollte eine amerikanische Flusspatrouille agieren. Man verfügte zwar über kein Navy-Personal, auch nicht über geeignete Wasserfahrzeuge, aber über Einfallsreichtum. Bei der 2 nd Division der 3 rd Army bestand eine Brigade nicht aus Heeressoldaten, son- dern aus Marines (die 4 th Marine Brigade). Mit ihnen bemannte man Flussdampfer, die den Rhein von Remagen bis Bingen patrouil- lierten. Bewaffnet wurden diese Schiffe mit Maschinengewehren und Infanteriegeschüt- zen im Kaliber 37 mm. Die Einheit trug die etwas übertriebene Bezeichnung Marine Detachment, Rhine River Patrol, Third Army Water Transporta- tion Service. Stützpunkt der kleinen Fluss-
KANONENBEWAFFNUNG: Marines mit 37-mm-Infanteriegeschütz auf einem Flussdampfer, im Hintergrund der Ehrenbreitstein Foto: USMC Archives
Unter den harten Bedingungen des Versailler Vertrages war der Rhein für die Bevölkerung als vielfältig nutzbare Wasserstraße überlebenswichtig. Entsprechendes Augenmerk legten die Siegermächte auf die Einhaltung ihrer Regeln – teils mit bewaffneten Booten.
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