Heinkel He 162
ZEITGESCHICHTE
Die Turbine fuhr ich wohl zu vorsichtig hoch, denn ich benötigte die ganze Länge der Startbahn und kam nur mit Mühe über die Straße am Westrand des Platzes hinweg. Bei 300 km/h fuhr ich die Klappen und das Fahrwerk ein, verstellte die Düse auf Posi- tion ›Flug‹, gab dann vollen Schub, zog am Knüppel und dann war die He 162 erst richtig in ihrem Element. In der kurzen Zeit, in der ich mich mit den Instrumenten befass- te, stieg die Maschine bereits auf 2000 Meter Höhe und obwohl ich mich weiter im Steig- flug befand, zeigte die Nadel des Geschwin- digkeitsmessers 700 km/h an. Ein Hoch- gefühl überkam mich, ich hatte es nicht für möglich gehalten, dass sich die He 162 derart leicht fliegen lässt!« Gerhard Hanf machte ähnliche Erfahrun- gen. Die lange Anlaufstrecke bis zum Ab- heben bezeichnete er als »unangenehm«, eine Focke Wulf oder Bf 109 sei da schon »längst fort gewesen.« Hingegen empfand er die Geräuschkulisse des Düsenjägers als aus- gesprochen schön. Das »Sausen« war für ihn ein himmelweiter Unterschied zum lärmen- den »Gerammle« der Kolbenmotorjäger. Be-
Die »Gelbe 3« flog Wolfgang Wollenweber 1945 beim JG 1 im norddeutschen Leck. Für ihn war die He 162 »das schönste und schnittigste Flugzeug, das ich bisher gesehen habe«
BobHoover , Amerikanischer Testpilot
»Alleine schon aufgrund der verbauten ressourcen- sparenden Materialien und niedrigen Produktions- kosten ist es ein äußerst bemerkenswertes Flugzeug.« sonders lobte er die großartigen Sichtverhält- nisse im Flugzeugführerraum. Da man in der Heinkel keinen »bulligen Motor vor der Na- se« hatte, kam er sich vor wie in einem Segel- flieger. Und er wusste, wovon er sprach, denn vor dem Beginn seiner Motorfliegerkarriere hatte Gerhard Hanf das »Silber-C« erflogen. Zugleich gab es jedoch auch Kritik: »Es war überhaupt nichts zum Schutz des Flugzeug- führers da!« Bei der Bf 109 und der Fw 190, die Hanf zuvor geflogen hatte, »hattest Du ei- nen mächtigen Motor vor dir und Panzerung um dich herum. Bei der He 162 war da nur ein bisschen Blech!« Schon der Gedanke da- ran, mit dem Flugzeug eine Bauchlandung machen zu müssen, erfüllte ihn mit Grauen, »da konntest Du hinterher die Beine zum Hals rausstrecken!« Mit dem Flugverhalten
Die »Spatz« war für den Cockpitinsassen durchaus eine große Gefahr. Es starben mehr Piloten durch Defekte als durch feindlichen Beschuss Foto Archiv Flugzeug Classic
Offiziere des JG 1 in Leck bei einer Parade ein paar Wochen vor der Übergabe an die Briten 1945. Im Hintergrund He 162 in Aufstellung Foto Archiv Flugzeug Classic
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