Flugzeug Classic

Heinkel He 162

ZEITGESCHICHTE

US-Testpilot Bob Hoover (am Steuer) erprobte die Heinkel He 162 im Jahr 1946 auf der Muroc Air Force Base in den USA. Anschließend verkaufte man die Maschine. Heute steht sie im Smithonian Air and Space Museum in Washingtin DC

Schleudersitz. Zwar wurden beide eingewie- sen, lernten, welche Körperhaltung man ein- zunehmen hatte und wie man das Rettungs- system bedient, ausgelöst haben sie ihn jedoch nie. Das taten dafür andere, mit oft- mals schlimmem Ausgang. Mal schoss sich ein deutscher Pilot durch die noch geschlos-

Fall, ging das Flugzeug ins stationäre Tru- deln über und war nicht mehr herauszubrin- gen. Gerhard Hanf wurde mehrmals Augen- zeuge eines solchen Unglücks: »Die kamen herunter wie ein welkes Blatt. Aufschlag! Weg!« Instinktiv vermieden sowohl Wollen- weber als auch Hanf den Einsatz des Seiten-

führer Neuland, mit dem Bugradfahrwerk waren sie in der Regel nicht vertraut. Sowohl Wollenweber als auch Hanf waren Spornrad- flugzeuge gewohnt, der eine flog zuvor die Messerschmitt Bf 110, der andere Bf 109 und Fw 190. Letzterer erinnerte sich: »Bei der Lan- dung mit dem Bugrad durfte man sie nicht zu sehr durchziehen, also zu sehr rannehmen, damit man hinten nicht auf den Boden kam. In solchen Fällen gab es meistens Bruch. Aber ich durfte auch vorne nicht zuerst runter- kommen und mit dem Bugrad voran auf- setzen. Ich musste zusehen, dass ich zuerst das Hauptfahrwerk und dann das vordere Bein runterkriegte. Das war reine Gewohn- heitssache und ich hatte damit nie Probleme. Eine saubere Dreipunktlandung brachte ich jedoch auch niemals hin.« Unter welchen Kinderkrankheiten die Heinkel He 162 litt und wie unausgereift das Flugzeug auch bei Kriegsende war, erfuhren ihre Flugzeugführer in der Regel nicht. Es gab zahlreiche Unfälle, auch mit tödlichem Aus- gang. Mal aufgrund des bereits erwähnten Trudelns, wenn der Triebwerksstrahl eine Seitenscheibe ansaugte, mal aufgrund tech- nischer Probleme mit den Motoren oder an- deren schwerwiegenden Vorkommnissen. He 162 in alliierter Hand Die Unfallserie setzte sich auch dann noch fort, als die Alliierten die vorhandenen Exemplare als begehrte Kriegsbeute über- nahmen. Auch in Frankreich, Großbritan- nien, den USA und vermutlich in der So- wjetunion kam es zu weiteren schweren Unfällen, zumeist aus denselben Gründen wie bei der Luftwaffe. Die Siegermächte des Zweiten Weltkriegs examinierten die Heinkel He 162 intensiv,

Die kamen herunter wie ein

welkes Blatt ! Aufschlag! Weg!

sene Kabinenhaube, mal löste ein britischer Soldat den Sitz in einer am Boden stehenden Maschine aus und schlug mit dem Kopf vo- ran dort wieder auf. Und dies sind nur zwei von mehreren tragischen Beispielen. Bei der Landung mit der Heinkel He 162 betraten die meisten deutschen Flugzeug-

ruders, wenngleich auf unterschiedliche Art und Weise. Wollenweber flog seine Kurven nur mit den Querrudern, selbst wenn dabei »Schiebekurven« herauskamen. Gerhard Hanf flog hingegen seine Kurven so, wie er es »von der Focke-Wulf her« kannte: Für eine scharfe Kurve legte er die Maschine auf die Seite und zog dann den Knüppel an den Bauch. »Die Heinkel machte scharfe Kurven ohne Weiteres mit.« Ein weiterer Nachteil des Flugzeugs war der erstaunlich hohe Spritverbrauch des BMW 003. Flog man mit Höchstgeschwindig- keit in niedriger Höhe, reichte die Füllung des Rumpftanks nur für etwa 15 Minuten Flug- zeit. In größeren Höhen sank dieser Ver- brauch, zumal man für etwaige Einsätze auch die Flächentanks befüllt hätte, was Wollenwe- ber zufolge dann bei »vernünftiger Flugwei- se« auch für 35 bis 45 Minuten Fliegen ge- reicht hätte. Doch zu tatsächlichen Kämpfen, beispielsweise gegen Bomberformationen, wofür man eine längere Flugdauer gebraucht hätte, kam es bekanntlich nicht. Weder Wolfgang Wollenweber noch Ger- hard Hanf kamen jemals in die Verlegenheit, eine weitere technische Finesse der Heinkel He 162 am eigenen Leib zu erfahren: den

EricBrown , Britischer Testpilot

»Mit dieser Maschine (He 162) hätte ich Kreise um die Gloster Meteor fliegen können. Wäre sie früher und in großer Stückzahl zum Einsatz gekommen, hätte sie die alliierten Luftstreitkräfte ernsthaft in Gefahr gebracht.«

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