Flugzeug Classic

TYPENGESCHICHTE SPEZIAL HE 219

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guten und ausreichenden Eindruck des Nachtjägers. Bereits in Grove notierte er die ersten Gedanken zur Maschine: »Die He 219 war auf den ersten Blick ein wenig anziehendes Biest mit ihren plattenförmigen Rumpfseiten, flankiert von riesigen Motorgondeln und dem staksigen dreibeinigen Fahrwerk. Hinzu kam eine komisch aussehende Flug- zeugnase, die dem Kopf einer prähistori- schen Riesen-Echsenart anzugehören schien und aus der ein kleiner Wald von Radaran- tennen spross, der im Fliegerjargon auch ›Hirschgeweih‹ genannt wurde. Nach mei- nem Geschmack hatte die Heinkel weniger Anspruch darauf, als aerodynamisch schön gestaltet zu werden.« Beeindruckt war er von der Ausrüstung: eine moderne und wirkungsvolle Radaran- lage, die gewaltige Bewaffnung, eine umfang- reiche Enteisungsanlage, die Kurssteuerung, eine wirksame Blind-Landeeinrichtung, die

ls die Engländer im Mai 1945 den Flie- gerhorst Grove in Dänemark besetzten, fanden sie einen unzerstörten Nacht- jäger-Flugplatz vor. Laut Eric Brown war es »be-stimmt der am besten ausgestattete Nachtjagdplatz der Luftwaffe, auf den wir gestoßen sind, ausgestattet mit ausgezeich- neten Radareinrichtungen.« Hier stand eine ganze Anzahl der He-219-Nachtjäger herum, seinem ersten optischen Eindruck nach »große, plumpe Jagdflugzeuge in ihren dun- kelgrau gesprenkelten Tarnanstrichen«, ein Dutzend allein in verschiedenen Reparatur- werkstätten. Viele weitere befanden sich auf Abstell- flächen oder Bereitstellungsräumen. Aller- dings waren nur sieben der »Uhus« flugklar. Eine größere Anzahl war als Ersatzteilspen- der ausgeschlachtet worden, um wenigstens einen Teil der Maschinen einsatzklar zu hal- ten, denn in dieser letzten Kriegsphase man- gelte es der deutschen Luftwaffe nicht an Flugzeugen, aber an Ersatzteilen.

Im dänischen Grove und in Westerland auf Sylt suchten sich die Briten insgesamt sechs He 219 als Beute aus, die sie nach Eng- land zu Testzwecken überführen wollten. Es waren eine He 219 A-2 mit der Werk- nummer 290126 und fünf He 219 A-7 mit den Werknummern 310109, 310189, 310200, 310215(?) und 310106, die aus dem Bestand der Nachtjagd-Geschwader NJG 1 und NJG 3 stammten. Sie erhielten die Regis- trierungen AM 20, 21, 22, 23, 43 und 44, wobei AM für Air Ministry stand. Beuteflugzeuge in Farnborough AM 23 stürzte noch am 21. Juli 1945 in Grove ab, aber die anderen fünf He 219 erreichten sicher das englische Erprobungszentrum Farnborough. Drei davon (AM 20, 21 und 44) steuerte Eric Brown selbst bei mehreren Überführungsflügen. Er machte zwar keine ausgesprochenen Testflüge mit dem »Uhu«, aber die Transfers hinterließen in ihm einen

AM STEUER DES NACHTJÄGERS

Als höchstdekorierter Pilot des Fleet Air Arm hielt der Brite Eric Brown mehrere Rekorde: die meisten Flugzeugträger-Landungen und Katapultstarts sowie mit 487 die höchste Zahl geflogener Flugzeugtypen. Darunter waren zahlreiche deutsche Beuteflugzeuge und natürlich auch die Heinkel He 219, deren Eigenschaften er penibel in seinem Notizbuch festgehalten hat Von Peter W. Cohausz

Englische Beute: Die Heinkel He 219 A-7, Werknummer 310189, ursprünglich D5+CL der 3./NJG 3, wurde zu Air Ministry AM 22 in Farnborough Foto RAF

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