Flugzeug Classic

leicht zu identifizieren: Zum Beispiel steht FL32253-1 auf der Lampe. Schließlich erreg- ten zwei besondere Überreste die Aufmerk- samkeit der Archäologen: der Klappdeckel des Eingriffs für den Kabineneinstieg und der Rahmen eines Wartungsdeckels. Diese zwei Teile sind grau lackiert, was bei der Bf 109 unüblich war. Die Gruppe schloss daraus, dass die Farbe nur bei der Aufklärer- variante Verwendung fand. Ein Besuch im Aéroscopia Museum in Toulouse half, die Teile am Flugzeug zu positionieren. Jegliche Zweifel am Absturz der Bf 109 von Fritz Heber vor dem Schloss sind so durch die Originale, die Augenzeugen- berichte und die Unterlagen in den Archiven zerstreut. Was die Engländer als Kirche er- kannten, war wahrscheinlich das Schloss selbst. Dank der örtlichen Unterstützung gelang es, einen vergessenen Luftkampf zu rekonstruieren und ihn im Dorfarchiv zu dokumentieren. Und genau das ist das Ziel von L’Archéologie Aéronautique (www.aero- cherche.fr): vergessene Geschichten durch die Suche nach Flugzeugteilen, Augenzeu- genberichten und Dokumenten in Archiven vor Ort wiederzubeleben. Hawker Typhoon Mk.IB, DP-P, der No 193 Squadron RAF im Januar 1944, geflogen von Jock Inglis – das Aussehen ist spekulativ ZeichnungHerbertRinglstetter/Aviaticus

Frontscheibe einer Bf 109 handelte! Sie war aus zwei identischen Glasscheiben aufge- baut, von denen eine vollständig und die an- dere in zwei Teile zerbrochen war. Das Mate- rial ist verstärktes Sicherheitsglas (SiGla) aus mehreren Schichten. Das ist eine Technik, die man auch heute noch im Automobilbau an- wendet. Dieses Teil hatte mehr als 70 Jahre, vom Schlamm geschützt, am Grund des Teichs gelegen. Wie gut, dass der Zufall manchmal hilft. Weitere Bf-109-Teile Nachdem das Team alle notwendigen Geneh- migungen vom Eigentümer des Geländes und dem Bretonischen Amt für Archäologie hatte, begann es mit der Suche am Fundort. Sofort fand es Flugzeugteile, einige davon la-

Die Archäologen prüften daraufhin, ob sich die Dokumente aus den Archiven mit den Aussagen von lokalen Zeitzeugen deck- ten. Da sie das taten, machte sich das Team in ein kleines Dorf in der Bretagne auf, um sich auf die Suche nach Überresten des Luft- kampfs zu begeben. Den Wrackteilen auf der Spur Mehrere der Zeitzeugen hatten ausgesagt, dass seinerzeit ein Flugzeug in der Nähe eines Schlosses abgestürzt war. Deswegen fuhr die Gruppe von L’Archéologie Aéronautique zum angegebenen Ort und fand eine bein- druckende Szenerie vor – ein Schloss aus dem 19. Jahrhundert, das vor 80 Jahren abgebrannt war. Der Legende nach hatte die Marquise die Hilfe von örtlichen Bauern abgelehnt, die

Jegliche Zweifel am Absturz der Bf 109

von Fritz Heber sind so zerstreut.

beim Löschen helfen wollten. Offenbar be- fürchtete sie, dass die Helfer mit ihren groben Schuhen den hölzernen Fußboden beschädi- gen könnten. Das Ergebnis waren die Ruinen, die nun nur noch übrig geblieben sind. Vor dem Schloss gibt es einen Teich und einen kleinen Fluss. Hier zeigten die Ansäs- sigen den Archäologen Glasteile, die sie aus dem Teich geborgen hatten. Nach kurzer Prüfung war klar, dass es sich dabei um die

gen einfach auf dem Boden und manche tru- gen sogar noch ihre grüne Tarnfarbe. In der Nähe des Flusses tauchten weitere Artefakte auf: Stücke aus Blei, die offensichtlich von der Batterie stammen, Rohrstücke und weitere Plexiglasstücke der Kabinenverglasung, die zusammenpassten wie Puzzleteile. Die interessantesten Fundstücke: der Drehzahlmesser des Motors und die Cock- pitlampe. Dank der Teilenummern sind sie

Die Messerschmitt Bf 109 G-2 im Aéroscopia Museum in Toulouse diente den Archäologen als Vergleichsobjekt

FLUGZEUG CLASSIC 7/2022

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