Flugzeug Classic

Die Caproni hat drei Maschinengewehre. Das MG im Turm wurde bei einem Absturz während des Krieges leicht verbogen und später aus einem Moor geborgen. Der Abweisbügel dahinter sollte Schüsse in das eigene Leitwerk verhindern

galt als vorteilhaft für die Lizenzproduktion in der norwegischen Kjeller-Flugzeugfabrik. Hier wurden unter anderem die Kinder- krankheiten der ersten vier Flugzeuge behoben. Dennoch waren die norwegischen Behörden mit der Leistung des Ca.310 nicht zufrieden, lehnten es ab, den Rest der Bestel- lung jenseits der ersten vier Flugzeuge entgegenzunehmen, und änderten sie auf zwölf Einheiten des Nachfolgers Ca.312,

einem Flugzeugabsturz während des Krieges in Sirdal. Der Lauf ist etwas verbogen, da man sie in einem Moor fand.« Der vergessene Werkzeugkasten »Lassen Sie mich zunächst sagen, dass alle kritischen Punkte, die angesprochen wurden, in keinem Fall übertrieben sind«, erinnert sich der norwegische Pilot Edmond Jaquet viele Jahre nach seinen Erfahrungen hinter

waffe, den Verbündeten der Besatzungsmacht. Durch einen kuriosen und verschlungenen Zufall kann man sagen, dass Norwegens Streit mit Caproni kurz vor dem Krieg eine entfernte Verwandtschaft mit der Absage des norwegischen Vertrags für den sogenannten »Skandalhubschrauber« NH90 im Jahr 2022 hat. Es stellte sich heraus, dass die Firma Agusta, welche die Vermögenswerte der Caproni-Fabrik kaufte, als diese 1950 Kon- kurs ging, einer der Vorläufer des Lieferanten des NH90 war. Die Beschaffung neuer und teurer Ver- teidigungstechnologie war also noch nie unkompliziert. Die letzte Libeccio Abgesehen vom Luftfahrtgeschichtlichen Museum Sola, das die stattlichen und wunderschön restaurierte Caproni Ca.310 besitzt, gibt es kein einziges solches Flug- zeug mehr auf der Welt. Das ist wenig über- raschend, wenn man es mit Italiens wahr- scheinlich bekanntestem Flugzeug des Zweiten Weltkriegs vergleicht, dem Savoia- Marchetti SM.79 Sparviero: Um 1943 betrug die erwartete Lebensdauer eines solchen Flugzeugs nur drei Einsätze. Sogar das Museo dell’Aeronautica Gianni Caproni, Italiens ältestes Luftfahrtmuseum, das Gio- vanni Battista Caproni selbst 1927 gründete, kann keine Ca.310 Libeccio vorweisen. Wenn man dieses Flugzeug bewundern möchte, das für die norwegische Militär- luftfahrt so bahnbrechend war, muss man also das Luftfahrtgeschichtliche Museum Sola besuchen.

Die Norweger waren mit der Leistung der Ca.310 unzufrieden und nahmen die restlichen nicht an

dem Steuer der Caproni Ca.310. »Man könn- te Seite um Seite an Vorfällen nennen, die wir mit diesem Flugzeug hatten. Aber es soll auch gesagt werden, dass es für uns, die wir dieses Flugzeug flogen, eine Erfahrung war – wir waren nur Fokker gewöhnt und die Umstellung war erheblich. Hier hatten wir ein Flugzeug, das schnell war und mit dem wir wirklich Spaß am Fliegen hatten.« Da die Caproni für Kunstflüge zugelassen war, wollten Jaquet und ein weiterer Pilot, Nils Steen, versuchen, mit ihren jeweiligen Caproni eine Rolle zu fliegen. Für Jaquet klappte es gut, aber in Steens Flugzeug hatten die Mechaniker einen Werkzeugkasten hin- ter einem Sitz vergessen und dieser hinter- ließ ein großes Loch im Dach, als er das Flugzeug verließ. Bestellung, die nie ankam Die einfache Konstruktion der Caproni Ca.310 aus Stahlrohren, Sperrholz und Stoff

der stärkere Motoren hatte. Zwei Ca.312 mit norwegischen Nationalitätsmarkierungen waren im April 1940 lieferbereit, aber nach der deutschen Invasion – Unternehmen »Weserübung« – landete Norwegens Bestel- lung schließlich bei der italienischen Luft-

Die Restauratoren (von links): Harald Egge, Roar Henriksen, Siegfried Hernes, Øystein Telstø, Rasmus Svihus und Kjell Dahle

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FLUGZEUG CLASSIC 9 | 2025

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