Metall untersuchte. Da piepste es plötzlich. Es war ein kleines, unscheinbares Kettchen, das sich am Handgelenk des Toten befand. Daran ein kleines Klümpchen, das erst mal wie ein Erdbröckchen aussah. Der Vermisstenfor- scher rieb das Bröckchen zwischen Daumen und Zeigefinger vom Erdreich frei und siehe da, es hatte die Form einer Münze, die an ei- ner Seite angebrochen war. Es war tatsächlich die Erkennungsmarke, auf der kaum sichtbar drei Buchstaben zu sehen waren: »C.A.N.« – die Bezeichnung für kanadische Militärangehörige. Damit stand fest, dass der Tote ein Kanadier ist. Anhand des Zustands des Skeletts schätzte Kozlowski das Alter des Mannes zum Todeszeitpunkt auf etwa 30 Jahre. Ein Alter, das für zwei der fünf Kanadier der NG177 zutrifft. Etliche schwere Frakturen am Oberkörper und am Schädel waren wahrscheinlich die Todes- ursache. Vermutlich entstanden, nachdem der Kanadier ohne die Wirkung eines Fallschirms auf dem Boden aufgeschlagen war. Weitere Hinweise, wie die Reste der Uniform, fanden sich nicht im Grab. Nur zwei kleine Kunst- stoffknöpfe von der Unterwäsche des Toten. Wie geht es weiter? Ein vollständiges Skelett war nun geborgen, doch wo befanden sich die Überreste der an-
deren Besatzungsmitglieder, die sich in einer Kiste mit im Grab befinden sollten? Da wa- ren sich die Zeitzeugen sicher, dass es das geben musste. Wenn, dann hätte man sie ver- mutlich auf den Sarg gestellt. Doch weitere Knochenteile, die nicht zu dem Skelett ge- hörten, beförderte der Umbetter nicht her- vor. René Schütz drängte den Baggerfahrer, am Fußende des Sarges weiter zu graben.
Avro Lancaster NG177, VN-L, deren Besatzung seit dem 14. März 1945 als vermisst gilt Zeichnung Juanita Franzi
Und tatsächlich hatte er mal wieder den rich- tigen Riecher: Es tauchten erneut Holzreste auf. Der Bagger stoppte und Schütz legte ge- meinsam mit einem Helfer weitere Knochen- reste frei, an denen teilweise sogar noch Ple- xiglasreste hingen. Von wie vielen weiteren gefallenen Soldaten die stammen, ist höchst- wahrscheinlich nicht mehr zu klären. Die sterblichen Überreste hatte der Volks- bund erst mal übernommen und leitete sie an die zuständige Partnerorganisation in Großbritannien, die Commonwealth War Graves Commisson, weiter. Die hat nun die Aufgabe, den toten Kanadier zu identifizie- ren und seine noch lebenden Angehörigen ausfindig zu machen. Anhand des Zustands der Zähne und ei- nes DNA-Abgleichs sollte das möglich sein. Über 75 Jahre nach Kriegsende könnte man damit den Angehörigen von sieben nicht zu- rückgekehrten Soldaten endlich Gewissheit geben. Sollte das gelingen, dann plant René Schütz, einen Gedenkstein mit den Namen der Besatzung an der Absturzstelle aufzu- stellen.
Tatsächlich stieß das Team im Grab auf menschliche Überreste und diese Erkennungsmarke. Deutlich ist darauf die Abkürzung »C.A.N.« zu erkennen. Die Nummernfolge ist nicht erhalten geblieben, damit wäre die Identi- fizierung des Kanadiers eindeutig g
Am Fußende des Sarges ffand René Schütz tatsächlich eine Kiste, in der Körperteile der anderen gefallenen Flieger der Lancaster bestattet waren
Die geborgenen Toten übernahm erst mal der Volksbund, um sie später der Commonwealth War Graves Commisson zu übergeben. Sie können das Schicksal der Lancaster-Besatzung vielleicht endlich final aufklären
FLUGZEUG CLASSIC 7/2022
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