STANDORT
Gibt es weitere Ursachen? Oftmals fehlen Rücklagen. Denn nach guten Jahren kom- men immer auch wieder schlechte Jahre. Das Gewerbe- steueraufkommen und damit die kommunalen Finanzen können nicht nur durch allgemeine Konjunkturflauten unter Druck geraten, sondern auch durch die Schließung oder Verlagerung von Unternehmen oder ertragreichen Unternehmensteilen. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass überdurchschnittlich hohe Gewerbesteuereinnah- men in einem Jahr im übernächsten Jahr zu Belastungen im kommunalen Finanzausgleich führen: Die Kommune erhält dann weniger Geld, muss aber zugleich eine höhere Umlage leisten. In Mannheim und Heidelberg besteht genau diese Gefahr zu einem Zeitpunkt, an dem die Gewerbesteuereinnahmen stark einbrechen. So wird das Gewerbesteueraufkommen in Mannheim für 2024 mit 391 Millionen Euro um rund 22 Millionen Euro geringer sein, als dies bei der Erstellung des Haushaltsplans 2024 angenommen wurde. Was bedeutet das für Unternehmen? Immer wieder spielen Kommunen mit dem Gedanken, die Gewerbesteuerhebesätze zu erhöhen. Das große Problem: Sind die Hebesätze einmal erhöht, werden sie nur in den seltensten Fällen auch wieder gesenkt. Ihre standortschäd- liche Wirkung ist gleichsam zementiert. Denn je höher die Gewerbesteuer ist, desto weniger attraktiv ist ein Standort für sich neu ansiedelnde Unternehmen. Die gute Nach- richt: Sowohl in Mannheim als auch in Heidelberg werden derzeit Steuererhöhungen ausgeschlossen. Aber: „Wir beobachten in beiden Städten die Tendenz zu zusätzlichen Steuern: 2024 führte Mannheim die Bettensteuer ein, Hei- delberg diskutiert über eine Verpackungssteuer“, erklärt IHK-Steuerexpertin Maria Cristina Tarrús de Vehí. Diese Steuern träfen fast nur das Gewerbe: So verursachten die Steuererklärungen einen höheren Verwaltungsaufwand und viele kleinere Unternehmen könnten die Preise nicht einfach erhöhen, um Steuern und Kosten weiterzureichen. Jährlich erstellen die IHK-Experten ein Monitoring der Gewerbesteuern, das als Basis für Gespräche mit den Fraktionen in den Kommunen dient. In Zuge dieser Ge- spräche mit der Politik sowie durch öffentliche Meinungs- äußerungen setzt sich die IHK dafür ein, die Steuerlast für Unternehmen so gering wie möglich zu halten. Jüngstes Beispiel: das Statement von IHK-Präsident Manfred zum Haushalt in Mannheim. Er warnte die Gemeinderäte, auf die schwierige Haushaltssituation mit einem Drehen an der Steuerschraube zu reagieren. „Dieser vermeintlich ein- fache Weg löst keines der Probleme. Insbesondere die Ge- werbesteuer darf nicht erhöht werden, aber auch nicht die Grundsteuer. Höhere Steuersätze schaden der wirtschaft- lichen Stärke Mannheims. Hingegen müsste die Stadt über wirtschaftsfreundliche Maßnahmen die Steuerkraft stärken.“ Bu Was tut die IHK für wettbewerbsfähige kommunale Steuern?
Gebühren in Vergangenheit stabil Hebesätze für Gewerbesteuer in Prozent 2022 und 2024
450
400
Heidelberg Mannheim Durchschnitt Neckar-Odenwald-Kreis Durchschnitt Rhein-Neckar-Kreis
350
2022
2024
QUELLE: IHK RHEIN-NECKAR
INFO
Fünf Fakten zur Gewerbesteuer
1. Die Gewerbesteuer ist eine deutsche Besonderheit. 1891 in Preußen erstmals eingeführt, wird sie seit 1936 in ganz Deutschland einheitlich erhoben. 2. Die letzte große Änderung erfolgte 2008 mit dem Unternehmenssteuerreformgesetz. Das damalige Ziel: Der Wirtschaftsstandort Deutschland sollte durch die Senkung der Ertragssteuerbelastung attraktiver gestaltet werden. 3. Die Gewerbesteuer ist eine rein kommunale Steuer: Ihr Aufkommen steht den Gemeinden zu, die Gemeinden können über den Hebesatz aber auch die Steuerhöhe festlegen. 4. Besteuert werden gewerblich tätige Kapitalgesell- schaften bzw. gewerblich tätige Einzelunternehmen und Personengesellschaften. Ausgenommen sind land- und forstwirtschaftliche Betriebe, freie Berufe sowie nichtgewerbliche selbstständige Tätigkeiten. 5. Alleinige Besteuerungsgrundlage ist der Gewerbe- ertrag, also der Gewinn, der Einkommensteuer oder Körperschaftssteuer zugrunde gelegt wird. Aus diesem Gewinn wird unter Aufschlag bestimmter Beträge, unter Berücksichtigung von Freibeträgen und unterschiedlicher Steuermesszahlen der sogenannte Steuermessbetrag errechnet. Um die jeweils zu zahlende Gewerbesteuer zu erhalten, ist auf den Steuermessbetrag der Hebesatz der Gemeinde anzuwenden. ihk.de/rhein-neckar/gewerbesteuer-faq
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IHK Magazin Rhein-Neckar 01 | 2025
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