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„Was gibt’s zu lachen?“ Bereits Viktor Frankl hatte betont, dass Humor ein hoch- wirksamer Angstlöser und Stressdämpfer ist. Vor allem der humorvolle Blick in die Zukunft („Worüber werden wir rückblickend lachen, wenn das alles vorbei ist?“) hilft, den Blick weg vom Problem und hin zu den Erfolgen in der Zukunft zu lenken. Sehr sinnvoll: „Nein“ sagen Noch ein wichtiger Punkt: Sinnorientiert führen heißt nicht, es allen recht zu machen. Es kann durchaus sinn- voll sein, „nein“ zu sagen, auch auf die Gefahr dadurch jemanden zu enttäuschen – das gibt Ihnen als Führungs- kraft die notwendige Souveränität, um im Spannungsfeld der gegensätzlichen Erwartungen zu bestehen. Sinnvoll führen heißt auch: Nicht ununterbrochen 100% Leistung liefern zu wollen. Sich Spielraum für strategische Aufga- ben zu schaffen – und deshalb die Bürotür auch einmal zu schließen. Nein, Sie müssen nicht jederzeit für Ihre Mitarbeitenden erreichbar sein. Wozu statt warum Die wohl brisanteste Frage ist eine, von der Sie sich gleich verabschieden sollten. Die „Warum?“- oder „War- um ich?“-Frage. Ersetzen Sie sie durch die viel sinnvollere Frage „Wozu fordert uns das jetzt heraus?“. Zugegeben, gemeinsames Raunzen über Dinge, die nicht zu ändern sind, ist auch eine Art Team-Building. Aber spätestens nach zehn Minuten gemeinsam Jammern sollten Sie mit der „Wozu …“-Frage die Aufmerksamkeit wieder auf die Problemlösungskompetenz des Teams lenken. Und auf die gemeinsamen Ziele. Ja, das ist nicht immer leicht, aber das ist Führung grundsätzlich nicht. Auch große Anstrengung oder schmerzlicher Verzicht können sinn- voll sein. Oder wie es Frankl so schön auf den Punkt gebracht hat: „Ich muss mir von mir selbst nicht alles ge- fallen lassen.“

„Was würde dir fehlen, wenn du es nicht bereits hättest?“

Sinnerfüllte Aufgaben und Wertschätzung – So führen Sie SINN-voll Der Wiener Arzt Viktor E. Frankl hat nicht nur unermüd- lich auf das individuelle Sinnbedürfnis der Menschen hingewiesen, sondern hat auch gleich konkrete Wege aufgezeigt, die zur Sinnverwirklichung führen. Da wären zum Beispiel sinnerfüllte Aufgaben, deren Be- deutsamkeit und Wirksamkeit klar erkennbar sind. Wenn ich weiß, wozu bzw. für wen ich meinen Job mache, dann sind Belastungen weniger belastend und Selbst- motivation wird zum Selbstläufer. Auch wertschätzen- de Beziehungen zu Mitarbeitenden und Kolleg:innen begünstigen das Sinnerleben. Vor allem dann, wenn die Unterschiede der Mitmenschen als willkommene Berei- cherung gesehen werden. Noch einfacher, und trotzdem oft übersehen, ist die dankbare Wertschätzung der posi- tiven Aspekte im Job. Meist ärgern wir uns über den täg- lichen Frust und nehmen Annehmlichkeiten als selbst- verständlich hin. Dabei könnten wir uns viel öfter (auch gemeinsam) über Gelungenes freuen. Oder über Nicht- Schiefgegangenes. Und letztendlich ist eine sinnvolle innere Einstellung zu unabänderlichen Bedingungen und Ereignissen der erste Schritt von der scheinbaren Macht- losigkeit zurück in die Selbstwirksamkeit.

Wir Menschen neigen dazu, eher auf das Negative zu fokussieren als auf das Angenehme. Anders hätten unse- re Vorfahren die Gefahren der Evolution nicht überlebt. Heute können wir – mangels Säbelzahntiger – auch das Positive wertschätzen. Das geht am leichtesten über die Frage nach Dingen, die wir sehr vermissen würden und doch als selbstverständlich ansehen. „Warum waren wir erfolgreich?“ Sinnerfüllung entsteht auch durch Selbstwirksamkeit und diese wiederum durch den Fokus auf Erreichtes. Nicht nur Fehlschläge verdienen eine Ursachenforschung, sondern auch Erfolge. Im ersten Fall verhindert sie die Wiederholung der Fehler, im zweiten ermöglicht sie die Wiederholung der Erfolge. Nehmen Sie sich Zeit, um mit Ihrem Team Erfolge zu analysieren – und am besten auch gleich zu feiern. „Was hilft dir zu regenerieren?” Kein:e Spitzensportler:in kann permanent Leistung ab- rufen, ohne sich zwischendurch zu erholen. Darum trai- nieren sie nicht nur Kraft, Ausdauer und Koordination, sondern auch ganz gezielt Entspannung und Regenerati- on. Sich für eine sinnvolle Sache auszubrennen, ist sinn- los. Das gilt für Mitarbeitende und umso mehr für Sie als Führungskraft. Sie haben Vorbildwirkung. „Welche individuellen Kompetenzen bereichern unsere Gemeinschaft?“ Zugehörigkeit und Beziehungen fördern nicht nur das Sinnerleben am Arbeitsplatz, sondern mildern nachweis- lich auch Stressempfinden und erhöhen die Belastbar- keit. Als Führungskraft heißt das: Gelegenheiten und Raum für gemeinschaftlichen Austausch zu schaffen. Gerade auch im Homeoffice, zum Beispiel durch ge- meinsame, virtuelle Kaffeepausen.

Für die Praxis: die wichtigsten Fragen einer Führungskraft

Wer fragt, der führt. Die beste Methode, um sinnorien- tierte Führung in Ihren Alltag zu integrieren, ist regelmä- ßig Fragen zu stellen – nicht nur Ihren Mitarbeitenden, auch sich selbst. Hier kommen die wichtigsten Fragen für sinnorientierte Führungskräfte: „Was bewirkst du durch deine Arbeit?“ Besonders wenn eine Tätigkeit als langweilig oder an- strengend erlebt wird, neigen manche Mitarbeitenden dazu, den Sinn zu hinterfragen. Sprechen Sie mit der be- troffenen Person über die Wirkung ihrer Aufgaben. Was macht er oder sie mit ihrer Arbeit möglich? Wenn die Tä- tigkeit weder Bedeutung noch Auswirkungen hätte, wäre doch auch das Gehalt sinnlos, oder?

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