Einblicke in die Welt der professionellen Wundversorgung
Interview Kerstin Münzer, Sozialzentrum Weiz
was die unterschiedlichen Produkte können, weiß man auch, auf welcher Wundart man sie anwenden soll
In diesem Interview sprechen wir mit Kerstin Münzer, einer zertifizierten Wundmanagerin und DGKP, die in den Mobilen Diensten der Volkshilfe arbeitet. Sie gibt Ein- blicke in die Welt des Wundmanagements und erläutert, wie diese Fachkenntnisse in ihrer täglichen Arbeit eine entscheidende Rolle spielen. Im Zuge dessen erzählt sie außerdem über den Aufbau der Ausbildung und welcher Aufwand damit verbunden ist. Könnten Sie uns erklären, was genau Wundmanagement ist und welche Rolle es in Ihrer Arbeit spielt? Wundmanager:innen sind speziell ausgebildete Fach- kräfte, die akute und chronische Wunden professionell versorgen. Wir beurteilen die Wunde (Wundanamnese), dokumentieren sie, behandeln sie und arbeiten multi- disziplinär, um auch z. B. Vorerkrankungen genau ab- zuklären. Da ich in der Mobilen Pflege fast täglich mit Wunden zu tun habe, spielt es hier eine große Rolle. Jede Wunde ist individuell. Könnten Sie einige Beispiele dafür geben, wie unterschiedliche Arten von Wunden behandelt werden müssen und wie lokale Therapie- methoden dabei eine Rolle spielen? Wie wurden Sie in Ihrer Ausbildung darauf vorbereitet? Das ist eine komplexe Frage, denn Wunden sind so unterschiedlich und verhalten sich auch in ihrer Heilung so verschieden wie der Mensch, der sie hat. Bei stark exsudierenden Wunden habe ich meist keine andere Wahl, als Superabsorber zu verwenden. Bei leichtem Exsudat und kleineren Wunden reicht ein Hydrokolloid völlig aus. Wobei bei Wunden mit starken Schmerzen oft ein Biatain Ibu sehr sinnvoll sein kann. Es gilt immer auszuprobieren und zu schauen: Was verträgt der:die Patient:in? Was akzeptiert er oder sie? Was habe ich zur Verfügung? Nimmt er oder die verordneten Medi- kamente ein? Man lernt in der Ausbildung die unter- schiedlichen und meist angewendeten Produkte ken- nen, aber nicht ihren gezielten Einsatz. Wenn man weiß,
Gerhard Kammerlander hat eine Schlüsselrolle in der Entwicklung des Wundmanagements gespielt. Könnten Sie uns mehr darüber erzählen, wie sich die Ansichten und Methoden im Laufe der Zeit verändert haben, be- sonders im deutschsprachigen Raum? Auch im Bereich des Wundmanagements ist Nachhaltigkeit und Ressourcenver- schwendung ein großes Thema. Zu viele Wundmaterialien übereinander, „Wundburger", werden heute als nicht mehr sinnvoll erachtet. Auch hat es im Laufe der Zeit viele Produkte oder Methoden gegeben, die einfach zu teuer oder zu aufwendig im täglichen Gebrauch sind. Das wichtigste ist immer zu wissen: 1. Was kann mein Produkt, das ich anwenden möchte? Wie lange kann ich es anwenden? Leider ist es in der Praxis oft häufig der Fall, dass z. B. Schaumstof- fe viel zu früh gewechselt werden, obwohl das Produkt noch gar nicht ausgeschöpft ist. Hier würde ich mir mehr Einschulung und Produktschulungen für Diplom- personal wünschen. Die Bandbreite an Produkten ist und es ist sehr schwer, auf dem neuesten Stand zu sein. Könnten Sie uns etwas über den Aufbau, die Dauer und die Herausforderungen Ihrer Ausbildung im Wundma- nagement erzählen? Die Ausbildung besteht aus Modul 1 und 2. Modul 1 stellt ein Selbststudium dar. Man bekommt Unterla- gen für Zuhause und wahlweise kann man auch Online Zoom Vorträge ansehen. Modul 2 besteht aus einem Präsenzblock mit 1 Woche Anwesenheit (40 h) und 2 Präsenz- und Praxistage vor der Prüfung. Es gibt viel Lernmaterial (ausgedruckt oder online) und Erklärungs-
Kerstin Münzer zertifizierten Wundmanagerin und DGKP
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