Heranwachsende erhöht (vgl. Bericht MEXT). So ist die Adoleszenzphase auch die Zeit, in der die Schüler*innen einen erhöhten Leistungsdruck verspüren. Denn der Ausbildungsweg ist gepfastert mit wichtigen Aufnahmeprüfungen, die darüber entscheiden, welche Hochschulen Heranwachsende besuchen. Die Anstrengungen zu dieser Zeit determinieren also die zukünftige Laufbahn, auch da Japaner*innen häufg in derselben Firma bleiben und den Arbeitgeber im Vergleich zu westlichen Ländern seltener wechseln (vgl. Bericht MEXT). Daher absolviert die Hälfte der Heranwachsenden im Anschluss an die Schule ein Studium. Mit diesem Bildungsstand gehört Japan zur Weltspitze, es gibt jedochwiederumkaumM öglichkeiteneinesindividuellenBildungswegso derQuereinstiegs(vgl.Phillipps, 2020, S. 269). Die Adoleszenzphase ist demnach durch Pfichtbewusstsein, verantwortungsvolles Verhalten und einen anstrengungsorientierten Ansatz geprägt. Eltern, Familienangehörige und Lehrer*innen,dieinderRegelnurdasBestefürdaseigeneKindmöchten,wasindemFalleg uteNoten und ein guter Abschluss sind, ermutigen weiter, feißig zu lernen, um später erfolgreich zu sein. Und wenn dann auch noch fehlende soziale Kontakte oder gar Mobbing in der Klasse dazukommen, fehlt Kindern und Jugendlichen oft eine Vertrauensperson, der sie Sorgen klagen können. Bei einer Befragung von dem stellvertretenden Schulleiter Shinichiro Tanaka der städtischen Obiyama Junior High School, die bei Schüler*innen verschiedener Schulen durchgeführt wurde, wurde nach Gründengefragt,warumsichSchüler*innenkeineHilfetrotze inerNotlagesuchen.Alsh äufgsteGründe wurdenangegeben,dassesdenSchüler*innenleidtue,d ieZeitd esGegenübersinAnspruchz un ehmen und man den Gesprächspartner*innen keine Sorgen bereitenwolle.ObwohlknappüberdieHälfteder über7000befragtenSchüler*innenzwischen10und15Jahrenangaben,dassimAlltagmulmigeGefühle oder gewisse Unstimmigkeiten vorhanden seien und sie sich nervös oder irritiert fühlen, suchen sich diese jungen Menschen dennoch keine Hilfe. Besonders die Befragten, diehäufgOnline-Spielenutzen oder Kontakte zu Online-Bekanntschaftenpfegen,hattenseltenerdasGefühl,vonGleichaltrigeninder Umgebung gebraucht zu werden. So suchen die Kinder und Jugendlichen, die denken, sie seien nicht dienlich und die im Alltag Unbehagen empfnden, im Internet häufger nach Bekanntschaften und Reaktionen von Unbekannten. Hierfür wurde an der städtischen Obiyama Junior High School durch ShinichiroTanakaeinOnline-Beratungsangebotinitiiert,beidemsichSchüler*innenbeiBedarfanonyme Hilfe von anderen Schüler*innen holen können. Solche Angebote sind jedoch auch in Japan Leuchtturmprojekte und auf das ehrenamtliche Engagement von pädagogischen Fachkräften zurückzuführen. So ist es nicht verwunderlich, dass in Japan die Anzahl an Schulabstinenzlern vergleichsweise hoch ist. Ein weiteres Phänomen der japanischen Gesellschaft sind sogenannte Hikikomori. Dies beschreibt Menschen, d ie sichausderGesellschaftzurückziehenundnurnochinden eigenen vier Wänden leben. Auch wenn dies kein ausschließliches Problem der jungen Generation ist, sind minderjährige Hikikomori automatisch schulabstinent, da sie ihr Haus oder ihre Wohnung nicht verlassen. Dieser soziale Rückzug und die Isolation sind oftmals eine Folge des vorangegangenen Leistungsdrucks. Dass sich also ein Großteil an jungen Menschen aus dem gesellschaftlichen Leben zurückzieht, hängt damit zusammen, dass sie sich den Erwartungen und Ansprüchen der Eltern nicht mehr gewachsen fühlen. Denn in Japan richtet sich Verzweifung allgemein eher gegen sich selbst als gegen andere (vgl. Phillipps, 2020, S. 273-276). So hat Japan eine vergleichsweise hohe Suizidrate bei jungen Menschen unter 19 Jahren, wie e ine Untersuchung der National Police Agency zeigt. Hierbei spielen sicher auch der Leistungsdruck, dem junge Menschen in Japan unterliegen und fehlende Beratungsangebote eine Rolle.
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