IM FOKUS – Japan
Seit Beginn der statistischen Erfassung in Japan nimmt Kindesmisshandlung in den letzten 30 Jahren stetig zu. Die Wurzel dafür liegt in den strengen Erzie- hungspraktiken Japans, die weitaus härter sind als im westlichen Kulturkreis. Im Hintergrund spielt auch die Ungleichheit der Geschlechter (weltweit auf Platz 125 des Gender Gap Index) eine Rolle. Die japanische Gesellschaft ist sich immer noch nicht der Ungleich- heit der Geschlechter bewusst und Frauen tragen noch immer die meiste Last der Kindererziehung. Diese Situ- ation der „de-facto-alleinerziehenden“ Frauen führt häufig zu postnatalen Depressionen, Misshandlungen und weiteren Problemen ohne ausreichende Beratungs- möglichkeiten. Zwar gibt es Maßnahmen wie Hausbesu- che durch staatliches Gesundheitspersonal innerhalb des ersten Monats nach der Geburt eines Kindes sowie Einrichtungen wie Unterstützungszentren für Kinder- erziehung, in denen Kleinkinder spielen und Eltern mit dem Personal sprechen können. Doch reichen diese Maßnahmen nicht aus. Großeltern können, wenn sie verfügbar sind, manchmal in die Kindererziehung einbe- zogen werden. Im Allgemeinen ist die Inanspruchnahme von Babysittern in Japan jedoch gering, und viele Mütter und Kinder fühlen sich isoliert, weil sie niemanden oder keinen Ort haben, an den sie sich wenden können.
Schulabsentismus – auf der Suche nach Lösungen Schulabsentismus ist in den letzten Jahren in Japan zu einem ernsten Problem geworden. Als Schulverweige- rung gilt, wenn Schüler*innen 30 oder mehr Tage pro Jahr der Schule fernbleiben, abgesehen von krankheits- bedingten Fehlzeiten oder Finanzierungsproblemen. Laut einer Umfrage gingen im Jahr 2021 rund 245.000 Schüler*innen nicht mehr zur Schule. Vor allem bei Grundschüler*innen hat sich die Zahl derjenigen, die die Schule verweigern, in den letzten zehn Jahren etwa vervierfacht. Die meisten dieser Schüler*innen bleiben zu Hause, und häufig sind Eltern und Kinder isoliert. Oft ist ein Elternteil dann auch gezwungen, den Job aufzu- geben, oder erhält aufgrund mangelnder Informatio- nen keine Unterstützung. Als Reaktion auf das Problem des Schulabsentismus fördert das MEXT die Einrichtung von „speziellen Schulen für Kinder, die die Schule ver- weigern“ und setzt sich dafür ein, dass sie Möglichkeiten bekommen, online am Unterricht oder an einem Test teilzunehmen. Die Teilnahme von zu Hause soll dann bei der Benotung berücksichtigt werden. Darüber hin- aus wird mithilfe von Tablets, die jedes Kind bekommt, deren psychische und körperliche Gesundheit kontrol- liert, um dadurch Probleme frühzeitig zu erkennen und entsprechende Unterstützungsmaßnahmen anbieten zu können.
MEXT fördert die Einrichtung von „speziellen Schulen für Kinder, die die Schule verweigern“ und setzt sich dafür ein, dass sie Möglichkeiten bekommen, online am Unterricht oder an einem Test teilzunehmen.
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