NATIONAL GEOGRAPHIC HISTORY

DIESE WELTKARTE wurde 1893 von Orlando Ferguson entworfen. Der amerikanische Unternehmer stützte sich auf eine wörtliche Auslegung der Bibel, die er mit der modernen Wissenschaft in Einklang bringen wollte. Ferguson hatte außerdem Zweifel an der Gravitationskraft.

sondern sogar der Häresie angeklagt zu werden. Tat- sächlich hatte sich Irving eine dialektische Auseinanderset- zung vorgestellt, die in dieser Form nie stattgefunden hat. Die Mitglieder der Kommis- sion waren sich der Tatsache bewusst, dass die Erde eine Kugel ist; sie kannten sogar ihre ungefähren Abmessun- gen. Tatsächlich argumen- tierten sie, dass Asien, das Ziel der geplanten Reise des Ko- lumbus, zu weit entfernt war, um eine Reise ohne Etappen zu unternehmen. Zu keinem Zeitpunkt stützten sie ihren Widerstand gegen die Reise auf die Autorität der Bibel.

„die Theorie der flachen Erde bis zur Zeit von Kolumbus und Magellan und auch danach vorherrschte“. 1876 erklärte der amerikanische Chemiker John William Draper in sei- nem Werk „The History of the Conflict between Religion and Science“: „Das große Problem der Form der Erde wurde von drei Seefahrern gelöst: Ko- lumbus, Da Gama und Magel- lan.“ Und 1894 argumentierte der Historiker Andrew White: „Selbst nachdem die Reise von Kolumbus die Idee der Kugelgestalt der Erde gestärkt hatte, war die Kirche weiter- hin davon überzeugt, dass die Erde eine flache Scheibe sei.“

Zur Erhärtung der These verwies man ausgerechnet auf Lactantius und Kosmas Indikopleustes, die als völlig repräsentativ für die vorherr- schenden Ideen des Mittelal- ters erachtet wurden. So trug die Idee, dass die Menschen des Mittelalters an eine flache Erde glaubten, zur verbreiteten Vorstellung vom finsteren Mittelalter bei. Zu Unrecht, denn bereits damals war die Erde rund.

Doch Irvings Buch war ein enormer Erfolg, obwohl schon damalige Historiker erklärten, dass es sich bei der Szene in Salamanca um ein Hirnge- spinst handelte. Irving selbst räumte ein, dass nur eine Min- derheit der Kirchenvertreter der Meinung gewesen war,

dass die Erde flach sei. Erfolg einer Lüge

Nachem Irving den Anfang gemacht hatte, verfolgten und erweiterten allerdings weitere Autoren die Annah- me der mittelalterlichen „Scheibenerde“. 1834 schrieb der französische Hellenist Jean-Antoine Letronne, dass

GIORGIO PIRAZZINI

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BÜCHER Fröhliche Scholastik: Die Wissen- schaftsrevolution des Mittelalters Frank Rexroth. C. H. Beck, 2019

FLACHE ERDE 13

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