NATIONAL GEOGRAPHIC HISTORY

WI S S EN MYTHENBILDUNG

CHRISTOPH KOLUMBUS vor den Mitgliedern der Kommission in Salamanca im Jahr 1486 (Kupferstich, 20. Jahrhundert).

Universum, nicht die Frage ih- rer Gestalt. Die Kirche klagte Galileo Galilei der Ketzerei an, weil er erklärte, die Erde bewe- ge sich um die Sonne. Damit bestritt er das ptolemäische Weltbild, dem die Lehre der

Hernando de Talavera seine Reisepläne unterbreitet. Ir- ving zufolge berief sich die Versammlung auf die Auto- rität der Bibel, um Kolumbus zu widerlegen. Die Erde sei keine Kugel, behaupteten die Gelehrten. „Sie argumentier- ten, dass in den Psalmen ge- sagt wird, der Himmel sei wie ein Fell ausgebreitet, also wie die Decke eines Zeltes; und sie fügten hinzu, dass der hei- lige Paulus den Himmel mit einem Tabernakel vergleicht, woraus sie schlossen, dass er flach sein müsse.“ Kolumbus, ein aufrichti- ger Christ, habe befürchten müssen, nicht eines Irrtums,

Kirche folgte: Die Erde sei eine unbewegliche Kugel, die von anderen kugelförmigen Him- melskörpern umkreist werde. Als ab 1700 die Philosophen der Aufklärung damit began- nen, Vernunft und Fortschritt anstelle des (Aber-)Glaubens zu setzen, rückte allmählich auch die Inquisition vom Kampf gegen naturwissen- schaftliche Erkenntnisse ab.

Die Vorstellung von mittel- alterlichen flat-earthers ent- stand im 19. Jahrhundert. Der amerikanische Schriftsteller Washington Irving schilderte in seiner 1828 veröffentlich- ten Kolumbus-Biografie auf dramatische Weise die Ver- sammlung von Salamanca, auf der Kolumbus den spani- schen Gelehrten unter Vorsitz des Theologen und Politikers

Washington Irving räumte später ein, dass er bei seiner Darstellung übertrieben habe.

LOOK AND LEARN / BRIDGEMAN / ACI WASHINGTON IRVING (1783–1859), Porträt.

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