NATIONAL GEOGRAPHIC SPECIAL

ASIENS HOCHKULTUREN

und Aramäisch verfasst. Ähnlich wie der Perser- könig Kyros setzte sich Ashoka für eine Politik des Respekts und der Toleranz gegenüber Anders- gläubigen ein. In einem seiner Edikte heißt es: „Alle Menschen sind meine Kinder. Wie ich meinen eige- nen Kindern wünsche, dass ihnen alle Fürsorge und alles Glück dieser und der nächsten Welt zuteil wird, so wünsche ich es mir für alle Menschen.“ Andere Inschriften mahnten Großzügigkeit, Frömmigkeit, Gerechtigkeit und Barmherzigkeit an. Ashoka und seine hohen Minister reisten gele- gentlich durchs Land, um zu erfahren, wie es dem Volk ging, und um die Erfüllung der Edikte zu über- prüfen. Laut einer Säuleninschrift kümmerten sich die Minister auch um die Versorgung der Menschen und Tiere mit Medikamenten und Krankenhäusern. ERFÜLLUNG WELTLICHER BEDÜRFNISSE Ashoka ließ außerdem Stupas (buddhistische Kult- bauten) und Klöster an wichtigen religiösen Stätten wie Sarnath errichten. Aber er war kein weltfremder Herrscher. Von der Maurya-Hauptstadt Patalipu- tra aus führte er eine effiziente Zentralregierung. Ein großer Beamtenapparat trieb Steuern ein. Ins- pektoren erstatteten dem Kaiser Bericht. Bewässe- rungssysteme brachten die Landwirtschaft voran. Exzellente Straßen verbanden die bedeutenden Handels- und Verwaltungszentren; entlang der Stra- ßen ließ Ashoka Bäume als Schattenspender pflan- zen, Brunnen bohren und Gasthäuser einrichten. Nach Ashokas Tod verblasste sein auf Barmherzig- keit ruhender Regierungsstil wie auch das Maurya- Reich selbst. Ashokas Herrschaft wurde zum Stoff für Legenden, bis Archäologen 2000 Jahre später seine Edikte übersetzten. Erst da verstand man, wie sehr diese mit ihrer Botschaft der Tugendhaftigkeit dazu beigetragen hatten, das Reich zu einen und den Buddhismus in Indien zu verbreiten. ◆ RECHTS: Die Abbildung zeigt Siddhartha Gautama, der als Buddha lehrte. Er meditierte, entsagte dem Reichtum und lebte jahrelang als Asket.

S iddhartha Gautama begründete als histo- rischer Buddha („der Erleuchtete“) zwi- schen dem 6. und dem frühen 4. Jahrhundert v. Chr. den Buddhismus. Die neue Religion verbreitete sich rasch in Indien und in weiten Teilen Asiens. Buddha führte das Konzept des Friedens durch innere Disziplin ein. Im Zuge seiner Meditationen erkannte er die Natur des menschlichen Leidens, welches ihm zufolge aus dem Verlangen nach Sinnesfreuden her- rührt. Daher entwarf Buddha den Edlen Acht- fachen Pfad zur inneren Heiligkeit. Er ist unter anderem durch Achtsamkeit, rechtes Handeln und höchste Konzentration gekennzeichnet. Buddhas Weg ist ein Weg der Mitte. Seine Lehre besagt, ein Mensch könne durch Medi- tation sowie Werte wie Demut und Selbstver- leugnung einen idealen, friedlichen Zustand erreichen, der als Nirwana bekannt ist. RELIGION Der Buddhismus

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DENKER, HERRSCHER, MACHER

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