IHK-Magazin Ausgabe 8/2023

TIPPS

BETRUGSMASCHEN „Es gab mehrere Warnsignale“ Wenn man als Unternehmer auf vermeintliche Betrüger trifft. Ein Tatsachenbericht UNTER- NEHMENS- FÜHRUNG

unsicheren Internetverbin- dung ein Wallet auf einer ihm unbekannten Seite öffnen. „Zusätzlich wurde Druck durch ständige Anrufe des eigent- lichen Geschäftspartners, der gar nicht selbst anwesend war, aufgebaut.“ Zoerner reichte es – er beendete das Gespräch und zeigte nach seiner Rückkehr den Vorgang bei der Zentralen Ansprechstelle Cybercrime (ZAC) beim Landeskriminal- amt Baden-Württemberg an. „Besonders perfide war, dass wir nicht an der ‚üblichen‘ Stel- le angegriffen wurden, nämlich dass man für eine Leistung nicht bezahlt wird, wogegen man sich mit Bürgschaften oder Contracting schützen kann“, so der Unternehmer. „Bei Transaktionen insbeson- dere mit neuen Geschäftskon- takten sollten Unternehmer immer vorsichtig sein und auf ihr Bauchgefühl achten“, warnt IHK-Experte Martin Preil. „Wenn ihnen etwas eigenartig vorkommt oder sie mit bestimmten Aspekten des Geschäftes selbst keine Er- fahrung haben, sollten Unter- nehmer Fachleute mit ins Boot holen oder auch mal direkt nein sagen.“ Man sollte sich auch nicht überreden lassen, wenn man – wie im vorliegen- den Fall – schon einiges an Zeit und Aufwand investiert hat. „Wenn Unternehmer vermu- ten, dass sie es mit Cybercrime zu tun haben, ist die ZAC die erste Anlaufstelle “, rät Preil. Überhaupt hätten Betrugsma- schen aller Art Hochkonjunk-

Tatort: ein Restaurant in Mailand. Hierhin hatte ein Zwischenhändler Thorsten Zoerner, Geschäftsführer der Stromdao GmbH mit Sitz in Mauer einbestellt, um einen lukrativen Deal im siebenstel- ligen Bereich festzuzurren: die Lieferung von Solarmodulen samt Wechselrichtern und sonstiger Technik für eine Ferienanlage in Italien. Ur- sprünglich hatte deren Bauherr den Kontakt zum deutschen Unternehmen aufgenommen. Es hatte auch bereits ein erstes Gespräch, ebenfalls in Mai- land, stattgefunden. „So weit, so gut. Es ist bei internationalen Aufträgen in der Immobilienbranche nicht unüblich, sich im Ausland zu treffen“, erläutert Thorsten Zo- erner. Trotzdem zog er bei dem Deal noch vor Ort die Reißlei- ne. „Es gab mehrere Warnsig- nale: So war die Anwesenheit meiner Kollegin offensichtlich unerwünscht. Ferner sollten die Namen der Vertreter der Gegenseite nirgendwo auftau- chen, auch nicht in einem Ge- sprächsprotokoll.“ Und es kam noch dicker. Denn es wurden nicht etwa Details wie Liefer- umfang und Modalitäten be- sprochen, sondern es ging um die finanzielle Abwicklung – vor allem der Provision für den Zwischenhändler. Dieser bestand auf einer Probe- zahlung per Kryptotransfer, die er Zoerner angeblich unmittel- bar zurücküberweisen wollte. Dazu sollte der Unternehmer direkt im Restaurant mit einer

Unter Strom: Thorsten Zoerner, Geschäftsführer der Stromdao GmbH, fand sich plötzlich vermeintlich in einem Betrugsgespräch wieder.

tur, weiß der IHK-IT-Sicher- heitsexperte und nennt als Beispiel die „Kölner Masche“: Unseriöse Anzeigenverlage gehen auf Kundenfang, indem sie in anderen Medien ver- öffentlichte Anzeigen sichten und die Unternehmen anrufen, damit sie ein „Anzeigenabo“ bestätigen. Und leider werde auch die IHK von Betrügern als Absender missbraucht, um Da- ten unrechtmäßig abzugreifen. Sein Tipp in Richtung Unter- nehmer: „Ignorieren Sie solche Mails, klicken Sie keinesfalls auf Links und übermitteln Sie erst recht keine Daten!“

„Wenn die Alarmglocken

schrillen, sagen Sie nein“

IHK-IT-Sicherheits- experte Martin Preil

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IHK Magazin Rhein-Neckar 08 | 2023

ihk.de/rhein-neckar

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