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zentrale Punkt der Psychoanalyse die Verpflichtung zur Methode der freien Assoziation“ (Kris 1982), bis zur zeitgenössischen Neubetrachtung Zvi Lothane (2018), die in der Frage gipfelt, ob Freuds Verwendung der freien Assoziation „heute noch relevant“ sei (S. 416) – wahr, haben aber ihre eigenen, regional spezifischen Entwicklungen in der Tradition der britischen Objektbeziehungstheorie sowie in der französischen und der italienischen Tradition erarbeitet. IV. A. TRADITION DER BRITISCHEN OBJEKTBEZIEHUNGSTHEORIE In Winnicotts und Milners unabhängiger Tradition fokussiert Charles Rycroft (1968) auf das von Freud benutzte deutsche Wort, nämlich freier „Einfall“, von Rycroft interpretiert als „irruption“, „Hereinbrechen“, oder „sudden idea“, „plötzliche Idee“. Er kritisiert die Übersetzung von Einfall mit „assoziation“, weil das Konzept „Ideen, die einem spontan, anstrengungslos, einfallen“ beschreibe (S. 59). Annehmbar ist „association“ seiner Meinung nach, wenn der Begriff unbewusste Verbindungen bezeichne, die dem vom Patienten gebrachten Material zugrunde liegen. Indes bringt der Patient diese Zusammenhänge nicht direkt in das spontane Material ein; sie werden für den Analytiker nur durch dessen Deutungen erkennbar und für den Patienten, wenn er die Fähigkeit entwickelt, sie wahrzunehmen. Rycroft behauptet, dass die Technik der freien Assoziation a) auf allen Gedankengängen des Patienten beruht, die zu etwas Wichtigem hinführen, b) dass die therapeutischen Bedürfnisse des Patienten und sein Wissen, dass er in Behandlung ist, seine Assoziationen auf das, was wichtig ist, hinlenken werden, soweit nicht Widerstände dies verhindern; und c) dass der Widerstand durch Entspannung geschwächt und durch Konzentration verstärkt wird. (Rycroft 1968, S. 59- 60). Rycroft (1968) hält es für eine unzulässige Vereinfachung, die psychoanalytische Technik ausschließlich auf die freie Assoziation zu stützen, denn (a) im Anschluss an eine Deutung des Analytikers werden die Äußerungen des Patienten Assoziationen zu dieser Deutung und deshalb nicht „frei“ sein. Und (b) „zwingen die Interventionen des Analytikers den Patienten, seine Assoziationen in Identifizierung mit dem Analytiker zu überprüfen, d.h. der Patient tut zwei Dinge gleichzeitig […]: freie Assoziation und Reflexion“ (S. 60). Mit anderen Worten, er „ist abwechselnd Subjekt und Objekt seiner Erfahrung“ (S. 60). Diese Überlegung hilft vielleicht, einen Punkt zu klären, der von vielen Autoren angesprochen wurde, nämlich die Tatsache, dass sich die Fähigkeit, frei zu assoziieren, nur im Laufe des analytischen Prozesses entwickeln kann. Kurz, der spontanen Äußerung des Patienten gesellt sich nach und nach seine Fähigkeit hinzu, über das, was gesagt wird, nachzudenken. Genau genommen, bedeutet somit Freuds Definition der Grundregel – „Sagen Sie also alles, was Ihnen durch den Sinn geht“ –, dass die Äußerungen des Patienten ohne unmittelbaren Zusammenhang oder bewusste „Assoziation“ miteinander erfolgen. Es
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