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emergente Eigenschaften, die wir als kreativen Prozess kennen“ (Bellak 1961, S. 13). Bellak zog den Schluss, dass der Prozess des Assoziierens von der Oszillationsfunktion des Ichs abhängt, d.h. von seiner Fähigkeit, zwischen der (von Kris beschriebenen) Regression im Dienste des Ichs und einer geschärften Selbstbeobachtung und intensivierten Synthesefunktion zu wechseln. Unter dem ich-psychologischen Blickwinkel wurden Objektbeziehungen bisweilen als Teil des Ich-Funktionierens betrachtet (z.B. von Bellak 1989), manchmal als übergeordnet (Boesky 1983), aber auf autonomen Ich-Funktionen (Wahrnehmung, Erinnerung und Integration von Selbst und Anderen) beruhend und dynamisch durch Triebe (lustvolle Befriedigungserfahrungen mit Objekten) und Abwehrprozesse (Internalisierung/ Introjektion zur Linderung schmerzvoller Affekte) konstituiert. Während zahlreiche Ich-Funktionen im Rahmen psychologischer Tests untersucht und quantifiziert worden sind (Rapaport, Gill und Schafer 1945; Wollman 1965), sieht die Ich-Psychologie sie eindeutig im Kontext des psychoanalytischen Interesses als Teil der Strukturtheorie der Persönlichkeitsorganisation und - entwicklung. III Bdaa. Beispiel für eine bedeutsame Ich-Funktion: Realitätsprüfung, Realitätssinn und damit verbundene Konzeptualisierungen Als eine der ersten bedeutenden Ich-Funktionen hat Sigmund Freud (1950 [1895], 1911b) die Realitätsprüfung beschrieben, die darüber hinaus als maßgebliche Grundlage für die Unterscheidung zwischen Psychose und Nicht-Psychose dient. Definiert als der „ständige Versuch, diskrepante innere und äußere Erfahrungen miteinander zu vereinbaren“ (Moore und Fine 1990, S. 162), spielt die Realitätsprüfung eine zentrale Rolle für die Anpassung (Hartmann 1939/ 1960). Sie geht Hand in Hand mit Antizipation, Aufmerksamkeit, Konzentration, Erinnerung, Gefühlen und der Entwicklung von Konzepten (Schafer 1968). Freuds Arbeit über die Komponenten der Realitätsprüfung lässt sich wie folgt zusammenfassen: 1. Die Fähigkeit, zwischen Wahrnehmungen und Vorstellungen zu unterscheiden (außen – innen, Wahrnehmungen – Halluzinationen) (Freud 1950 [1895], 1915c); 2. Die Akkuratheit der Wahrnehmung (Freud 1925h); und 3. Die Selbstbeobachtung (Freud 1933a). David Rapaports (1951) reflexives Gewahrsein wiederum hat Hartmanns (1947, 1953, 1953) Hinzufügung einer inneren Realitätsprüfung beeinflusst. In „Triebe und Triebschicksale“ vertrat Freud (1915c) die Ansicht, dass sich die Grundlage für die Unterscheidung zwischen Innen und Außen aus der wiederholten Erfahrung ergebe, dass manche Stimuli (nämlich äußere) durch motorische Aktion vermieden werden können, andere (innere) jedoch nicht. David Rapaport (1950) behauptete später, dass die schützende Realitätsprüfung über die motorische
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