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immer er will, d.h. sie gibt ihm grünes Licht für sein ‚verbales Agieren‘“ (S. 89). Patienten mit Zwangsgedanken ist die Grundregel vorsichtig nahezubringen, damit sie nicht von Anfang „ein schlechtes Gewissen“ erzeugt (S. 81). Etchegoyen argumentiert, dass die Grundregel auf unterschiedlichste Weise formuliert werden kann und dies auch von der Persönlichkeit sowohl des Patienten als auch des Analytikers abhängig ist. Nur wenn sie – für beide Beteiligte - eindeutig formuliert worden ist und auch berücksichtigt wird, dass sie nicht voll und ganz befolgt werden kann, können die Assoziationen als gewinnbringend für den analytischen Prozess und nicht als Ausdruck der Nichtbefolgung der Grundregel gedeutet werden. „Die Grundregel der freien Assoziation muss dem Patienten […] zuallererst die Freiheit zu assoziieren geben, die Freiheit, zu sagen, was er denkt; gleichzeitig aber muss er wissen, dass der Analytiker von ihm erwartet, nichts zurückzuhalten, ohne Vorbehalte zu sprechen […]. Ich möchte dem Patienten verständlich machen, dass er frei ist, alles zu sagen, was er denkt, dass er aber auch sprechen muss, wenn es ihm schwerfällt. Er muss wissen, dass die Regel exitiert und ihre Nichtbefolgung Gegenstand meiner Arbeit sein wird“ (S. 92). Fernando Urribarri (2008) erklärt in seinen Vorträgen und Publikationen über zeitgenössische psychoanalytische Technik, dass „die technischen Regeln auf ein asymmetrisches und komplementäres Funktionieren des Patienten und des Analytikers abheben […], freie Assoziation und gleichschwebende Aufmerksamkeit, Abstinenz und wohlwollende Neutralität“ (S. 81). Urribarri zufolge hat der Analytiker die Aufgabe, die Geschichte der Analyse des Patienten zu archivieren und seine eigenen vorbewussten Erinnerungen (an das Material des Patienten) zu durchsuchen, indem er in jedem Augenblick des Diskurses seinen eigenen Assoziationen freien Lauf lässt. Urribarri versteht dies als eine aktivere Einstellung des Analytikers. Eduardo Laverde und Inés Bayona (2012) erläutern in einem Buch über Konzeptforschung in der Psychoanalyse die Formulierung der Grundregel einschließlich der freien Assoziation und die breite Variablität sämtlicher Facetten des freien Assoziierens. Sie verweisen auf „Meinungsunterschiede und Einwände gegen diese und jene Formulierung“ einschließlich „Freuds Metapher des Zugreisenden, der beschreibt, was er sieht. Festzuhalten ist, dass der Ursprung dieser Regel voranalytisch ist und unter Analytikern keine Übereinstimmung bezüglich ihrer Formulierung besteht“ (S. 53). In einem Dialog mit Bleger formulieren Laverde und Bayona (2012) eine zeitgenössische Sichtweise der freien Assoziation im Kontext des Settings. Das Setting, so schreiben sie, ist eine methodische Notwendigkeit. Es bezieht kontrollierte Variablen der analytischen Beziehung ein und schließt andere aus, und zwar sowohl in seiner vertraglichen Dimension zu Beginn des analytischen Prozesses als auch, was die die freie Assoziation des Patienten und die gleichschwebende Aufmerksamkeit des Analytikers betrifft. Im Unterschied zu Bleger behaupten Laverde und Bayona, dass die Befolgung des Settings nicht als eine Sucht oder als Unterwerfung unter die Institution zu betrachten sei, weil Situation und der analytische Prozess auf der Stabilität des Settings beruhen. Zudem würde dem Patienten eine widersprüchliche Botschaft
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