Enzyklopädisches Psychoanalytisches Wörterbuch der IPV

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CONTAINMENT: CONTAINER-CONTAINED Tri-Regionaler Eintrag Erste Auflage 2017: Interregionales Editorial Board: Louis Brunet (Nordamerika); Vera Regina Fonseca (Lateinamerika); Dimitris-James Jackson (Europa) Koordinierender Co-Chair: Eva D. Papiasvili (Nordamerika) Zweite Auflage 2022: Interregionales Editorial Board: Louis Brunet (Nordamerika); Vera Regina Fonseca (Lateinamerika); Dimitris-James Jackson (Europa); Dwarakanath Rao (Nordamerika) Interregionaler Koordinierender Chair: Eva D. Papiasvili

I. DEFINITION

Bion hat sein Container-Contained-Konzept in Learning from Experience (dt.: Lernen durch Erfahrung, Bion 1990 [1962]) beschrieben und das Containment als eine Stufe im Prozess der Entwicklung eines neuen Gedankens im Anschluss an eine emotionale Erfahrung charakterisiert. Später verstand er das Konzept als Analogie zwischen der Situation des analytischen Paares und der Stillsituation von Mutter und Säugling. Es umfasst demnach die grundlegende Theorie der Ursprünge des Denkens in der prototypischen Stillsituation von Mutter und Kind sowie die damit einhergehende, innerlich interaktive Erfahrung, die das Erleben des Kindes, seinen Distress, von Angst in Wissen und Nachdenken über dieses Wissen transformiert. Diese basale Erfahrung hat der Theorie zufolge entwicklungspsychologische und klinische Implikationen für das gesamte Leben, und zwar vor allem dann, wenn dem Kind die normativen Container-Contained-Erfahrungen versagt bleiben. Das Konzept beschreibt die Mutter nicht lediglich als Trostspenderin und Nahrungsquelle, sondern auch als aufmerksame Empfängerin der Botschaften, durch die der Säugling Unlust und emotionalen Schmerz signalisiert. Die Mutter lindert den Schmerz des Kindes und verwandelt ihn so, dass er für den Säugling handhabbar wird. Sehr allgemein formuliert, transformiert sie, wie Bion es ausdrückt, Unlust und Schmerz von O (namenlose Angst) in K (knowledge = Wissen), wodurch “das Undenkbare denkbar wird”. Theoriegeschichtlich gesehen, ist das Konzept eine Erweiterung der Theorie der projektiven Identifizierung (siehe den Eintrag PROJEKTIVE IDENTIFIZIERUNG):

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