Enzyklopädisches Psychoanalytisches Wörterbuch der IPV

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er containt werden kann, zu psychischer Veränderung führt. Sie verwies auf den subtilen, aber starken Druck, den die Projektioen des Patienten auf die Analytikerin ausüben und sie zu irgendeiner Art von Aktivität veranlassen sollen, etwa zum Beantworten von Fragen, zu beruhigenden Formulierungen oder zu Erklärungen. Auf diese Weise, so Joseph, „lebt sie einen Teil des Selbst des Patienten aus, statt ihn zu analysieren“. Die zugrundeliegenden Kommunikationen besagen hier, dass die Analytikerin den psychischen Schmerz des Patienten nicht ertragen oder containen kann. Wird dieser Druck aber erkannt und thematisiert, ist die Analytikerin u.U. fähig, dem Patienten die Erfahrung eines hilfreichen Containments zuteil werden zu lassen. In Italien hat Antonino Ferro (2009) Bions Theorie des Denkens und sein Container-Contained-Modell mit Willy Barangers und Madeleine Barangers “bipersonaler Feldtheorie” zusammengeführt und eine “multipersonale” Feldtheorie formuliert, derzufolge “innere Patient-Analytiker-Gruppierungen komplexe Interaktionen unterhalten […], konzipiert als Alpha-Funktion des Feldes, Beta- Turbulenzen im Feld sowie als containende Eigenschaften spezifischer Stellen im Feld (♀) und Hyperinhalte (♂) anderenorts. […] Nach und nach werden all die von Bion eingeführten Instrumente zum Denken als zum Feld zugehörig betrachtet werden; eines seiner Loci ist die gegenwärtige Beziehung, ebenso wie die Geschichte, die laufend auf Dekonstruktion, Entkonkretisierung und erneutes Geträumtwerden drängt. Das Gleiche gilt für die Beta-Elemente, die darauf warten, geträumt zu werden” (Sabbadini und Ferro 2010, S. 424f.; Hervorhebg. ergänzt).

IV. B. NORDAMERIKA

In den Vereinigten Staaten haben James Grotstein (1981, 2005), Robert Caper (1999) und Thomas Ogden (2004) ebenfalls bedeutende Beiträge zu dem Konzept geleistet. Grotstein arbeitete detailliert die Transmisssionsprozesse in der vorsprachlichen Kommunikation zwischen Container und Contained heraus und formulierte sein Konzept der „projektiven Transidentifizierung“: „Wenn der Analytiker als Container der Erfahrungen des Analysanden zu fungieren scheint […], projiziert dieser unbewusst seinen emotionalen Zustand in sein Bild vom Analytiker, das er daraufhin mit diesem Zustand identifiziert. Er tut dies in der Hoffnung, sich von einem Schmerz zu befreien und diesen Zustand im Analytiker hervorzurufen , indem er sein Analytiker-Bild manipuliert […] Der Analytiker, der bereit ist, sich bei diesem gemeinsamen Unternehmen nützlich zu machen und sich zu beteiligen, wird offen und empfänglich […] Seine Resonanz hat zur Folge, dass er sich selbst ein entsprechendes Bild von den Projektionen des Analysanden macht“ (Grotstein 2005, S. 1064). Caper betonte einen zentralen Aspekt des Containments, nämlich die Fähigkeit des Objekts, das die Projektion empfängt, sich eine realistische Haltung gegenüber dem projizierten Teil zu bewahren, um über ihn nachdenken zu können und ihn dann in einer besser handhabbaren Form zurückzugeben. Dies, so Caper, ist mehr als lediglich ein Holding,

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