Enzyklopädisches Psychoanalytisches Wörterbuch der IPV

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prärepräsentationalen zum repräsentationalen und symbolischen Funktionieren und von intrasystemischen Konflikten (im Ich) zu intersystemischen Konflikten (zwischen Es, Ich, Über-Ich). Diese Konzipierung hat auch mit Wilma Buccis (1998) Übersetzung zwischen den nicht-symbolisiserten, unbewusst symbolisierten und verbal symbolisierten Erfahrungsbereichen sowie mit der späteren Arbeit von Mauro Mancia (2006) vieles gemeinsam. Mauro Mancia (2006), Psychoanalytiker und Neurologe, der Neurowissenschaften und Molekularbiologie mit der psychoanalytischen Theorie des nicht-verdrängten Unbewussten, das er als den Kern des Selbst betrachtet, in dem die primären Mutter-Säugling-Beziehungen gespeichert werden, zusammenzuführen. Seiner Ansicht ist das neurobiologische Korrelat dieser frühesten präsymbolisierten, präpsychischen Erfahrungen das Netzwerk der “morpho-funktionalen Organisation”, das der reifen Entwicklung des Hippokampus, des Zentrums der affektiven autobiographischen Erinnerungen, vorausgeht. Das nicht verdrängte Unbewusste kann in einer Analyse durch die “musikalische Dimension” der Übertragung an die Oberfläche gebracht werden, die durch die Stimme (Intonation und Rhythmus) und die Prododie der Sprache charakterisiert ist. Träume können präsysmbolische und präverbale Erfahrungen symbolisierend transformieren, so dass sie auch ohne Erinnerungsabruf in Worten und Gedanken Ausdruck finden können. Diese Rekonstruktion ermöglicht es dem Patienten, sie auszusprechen und über sie nachzudenken, obwohl er sich nicht an sie erinnert. Mancia behauptet, dass dieses integrative Modell, das sich auf multiple Perspektiven – Freuds, Kleins sowie der zeitgenössischen entwicklungspsychologischen und neurobiologischen Forschung - stützt, mit Bions (1962a, 1991) Theorie des Denkens insofern vereinbar ist, als der auf einer solchen Integration beruhende klinische Ansatz die Entwicklung und Internalisierung einer psychischen Alpha-Funktion fördert, so dass die präpsychischen Beta-Elemente, die das Netzwerk erreichen, in eine neue Ordnung gebracht werden können. Dies schließt an Mancias (1981) früheren Versuch an, die Aktivität des zentralen Nervensystems speziell mit Bions (1963) Konzepten von Container- Contained und Alpha-Funktion zu verbinden. So schreibt Mancia (1981): “Laut Bion operieren die psychischen Funktionen innerhalb neurobiologischer Funktionen, dank deren psychische Operationen sich selbst organisieren und manifest werden können. Dies gilt insbesondere für die Alpha-Funktion des Träumens, die als Teil der neurobiologischen Aktivität betrachtet werden kann, die – um es in Bions Sprache auszudrücken – als ein ‘Container’ für die Organisation von Denkprozessen fungiert” (S. 450).

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