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offensichtlich schärfer wahrgenommen wird, wenn das Bedürfnis nicht befriedigt wird, sondern die Gratifikation versagt bleibt. Mit dieser Verwendung des Begriffs hängt zusammen, dass wir von zwei Formen von amae sprechen können, nämlich einer primitiven, die sich eines bereitwilligen Empfängers sicher ist, und einer komplizierten, die sich der Existenz eines solchen Empfängers nicht sicher ist. Die erste Form ist kindlich, unschuldig und ruhig; die zweite ist kindisch, mutwillig und fordernd, einfach ausgedrückt: gute und böse amae […].” (Doi, 1989, S. 349) Dois These, dass amae , emotionale Abhängigkeit, ein exklusives, wesentliches Element der Psychologie der Japaner sei, traf sowohl auf begeisterte Akzeptanz wie auch auf Skepsis und Kritik. Sie spornte eine ganze Reihe von Debatten an, zum Beispiel: Inwiefern sollte man die Psychologie der Japaner als etwas Spezifisches betrachten? Behauptet Doi, dass der japanische Charakter von Grund auf abhängig sei? In welcher Beziehung steht das amae- Konzept zu ähnlichen psychologischen und psychoanalytischen Theorien und Methoden? Wie ist amae im Verständnis der allgemeinen menschlichen Entwicklung einzuordnen? Inwiefern leistet das amae- Konzept einen Beitrag zu spezifischen neuen Entwicklung in der psychoanalytischen Theorie und Praxis?
III. SOZIOKULTURELLE PERSPEKTIVEN
Erik Erikson (1950) erläuterte, auf welche Weise verschiedenartige und je spezifische gesellschaftliche und kulturelle Einflüsse im Prozess der psychischen Entwicklung des Menschen zur Entstehung unterschiedlicher Anpassungsmodi beitragen. Er arbeitete Freuds biologisch basierte psychosexuelle Entwicklungsstufen weiter aus und bezog auch Phasen der psychosozialen Entwicklung des Menschen mit ein, die über die Bewältigung des ödipalen Konflikts hinausreichen und sich über den gesamten Lebenszyklus erstrecken. Die von Doi beschriebene amae- Psychologie und ihre Bedeutung für das Verständnis des spezifischen Charakters der Psychologie der Japaner kann auch in diesem Kontext untersucht werden. Viele Sozialwissenschaftler und andere Forscher, die kulturübergreifend arbeiten, haben auf die Besonderheit der japanischen Gesellschaft und der psychischen Anpassungen der Japaner aufmerksam gemacht. Dois amae- Konzept ergänzte diesen Diskurs um eine weitere Dimension. Zu den wichtigsten Eigenschaften, die als spezifisch für die japanische Gesellschaft und Kultur gelten, zählen
1. hierarchisch organisierte soziale Beziehungen;
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