Enzyklopädisches Psychoanalytisches Wörterbuch der IPV

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Spezifisch für Nordamerika, wo das Konzept der Barangers spätestens 1976 von Robert Langs eingeführt wurde, sind mehrere weitere wichtige Zuflüsse, zum Beispiel Leo Stones „psychoanalytische Situation“, Entwicklungen, die aus Harry Stack Sullivans interpersonalem Ansatz hervorgingen, sowie Konzipierungen, die mehr oder weniger in der britischen objektbeziehungstheoretischen Tradition wurzeln. Auf allen Kontinenten haben die sozio-historischen Verhältnisse des breiteren kulturellen Kontextes Einfluss auf die frühen und späteren Entwicklungen der Feldtheorien und -konzepte genommen.

II. C. ENTWICKLUNGEN DER FELDTHEORIEN UND -KONZEPTE IN LATEINAMERIKA

II. Ca. Das klassische Konzept der Barangers und seine Wurzeln Madeleine und Willy Baranger haben “ The analytic situation as a dynamic field” in den frühen 1960er Jahren geschrieben. Der Artikel ist ein Produkt ihres originären, durch den Dialog mit anderen regionalen psychoanalytischen Beiträgen befruchteten Denkens, die seit Ende der 1940er und bis in die 1960er Jahre hinein verfasst wurden. Die maßgeblichen Einflüsse stammten von Enrique de Pichon Rivière, Heinrich Racker, Luisa Álvarez de Toledo, Jorge Mom, Leon Grinberg und David Liberman . Darüber hinaus sind Einflüsse aus einem wesentlich breiteren kulturellen Kontext der Psychoanalyse mitsamt ihren Verbindungen zur Sozialpsychologie und sowie zu philosophischen und literarischen Ideen erkennbar. Beatriz de Leon de Bernardi (2008) hat die komplexe Verflechtung verschiedener Einflüsse und die allmähliche Entfaltung und Entwicklung von Madeleine und Willy Barangers eigener Konzipierung des psychoanalytischen Feldes gründlich erforscht. Die Barangers kamen 1946 aus Frankreich nach Argentinien, als sich die Gruppe der Argentinischen Psychoanalytischen Assoziation (APA, gegründet 1942) zusammenschloss. Zu ihren ersten Mitgliedern gehörten Celes Carcamo, Guillermo Ferrari Ardoy, Angel Garma, Marie Langer, Enrique de Pichon Rivière und Arnaldo Rascovsky. Willy Baranger, Professor der Philosophie, und Madeleine Baranger, Professorin der Altphilologie in Frankreich (Kancyper, 1999; Melgar, 2001), absolvierten ihre psychoanalytische Ausbildung in Buenos Aires. Sie gehörten zusammen mit Arminda Aberastury, Luisa Álvarez de Toledo, José Bleger, Leon Grinberg, Salomon Resnik, David Liberman sowie Jorge und Teresa Mom zu einer zweiten Analytikergeneration der APA. 1954 bis 1965 lebten die Barangers in Montevideo und unterstützten dort die Bildung einer uruguayanischen psychoanalytischen Gruppe. 1966 gingen sie zurück nach Argentinien, wo sie fortan lebten und aus dem institutionellen Leben der APA nicht wegzudenken waren. Sie wirkten in Lateinamerika als Analytiker, Lehrende und Förderer des psychoanalytischen Denkens.

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