Enzyklopädisches Psychoanalytisches Wörterbuch der IPV

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II. Dc. Entwicklungen in Belgien In Belgien wurde Willy Barangers erster Artikel 1985 publiziert. Es handelte sich um den Beitrag “The dead-alive: Object structure in mourning and depressive states”, den er selbst für die Revue Belge de Psychanalyse unter der Überschrift „Structure des objets dans le deuil et les états dépressifs“ (W. Baranger 1985) übersetzt hatte und der es den Lesern ermöglichte, den Reichtum des argentinischen psychoanalytischen Denkens zu würdigen. Unmittelbar zuvor war José Blegers 1967 erschienenes Buch Symbiosis y ambiguedad ins Französische übersetzt worden. Auf dem Kongress Französisch sprechender Psychoanalytiker 2002 in Brüssel konzentrierten sich Jacqueline Godfrind, Maurice Haber, Marie-France Dispaux und Nicole Carels in ihrem gemeinsam verfassten Bericht auf psychische Transformationen in Verbindung mit dem analytischen Prozess und untersuchten Übertragungs- und Gegenübertragungsentwicklungen im interpsychischen Feld. Sie verstehen die von ihnen als „psychische Transformation“ bezeichnete psychische Veränderung als Ergebnis des analytischen Prozesses, der auf der Begegnung zwischen zwei Psychen beruht und in einem analytischen Raum oder analytischen Feld interpsychisches Geschehen erzeugt. Indem sie die Auswirkungen von Übertragungs- und Gegenübertragungsentwicklungen auf Transformationen sowie deren intrapsychische Auswirkungen untersuchen, identifizieren sie als Indikatoren psychischer Transformation qualitative Veränderungen in den am wenigsten stabilen psychischen Funktionsweisen steigender psychischer Komplexität. Der Einfluss der Schriften von Madeleine und Willy Baranger macht sich in dem gesamten Bericht bemerkbar, insbesondere in dem Teil „Shared Action Experience“ von J. Godfrind-Haber und M. Haber (2002), deren Interesse vornehmlich den Ereignissen in der Analyse gilt. Sie untersuchen das Netzwerk unbewusster Akte, das zwischen Analysand und Analytiker unterhalb des Einsatzes neurotischen Materials geknüpft wird, und vertiefen seinen Beitrag zu psychischen Transformationen. In „To the sources of interpretation“ entwickelte Marie-France Dispaux (2002) die Deutung des „analytischen Settings [site]“ mit Bezug auf den von Jean-Luc Donnet (1995) verwendeten Ausdruck. Laut Dispaux beruht die analytische Arbeit auf einer Art von Deutung, deren Zweck die Verbindung [linking] ist. Sie plädiert für „co- ästhetische“ Arbeit, bei der die psychische Arbeit des Analytikers eine Reaktion auf des Patienten Bedürfnis nach Repräsentation darstellt. Nicole Carels (Carels, Dispaux, Godfrind-Haber & Haber 2002) berief sich auf Winnicotts Übergangsraum, um die Bedeutsamkeit der psychischen Arbeit des Analytikers – vor allem in der Kinderanalyse - bezüglich der Entwicklung dieses Raumes aufzuzeigen. Transformationen werden unter dem Blickwinkel intrapsychischer und interpsychischer Grenzen und gemäß dem hypothetischen Prinzip von Konvergenz und Divergenz betrachtet.

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