Enzyklopädisches Psychoanalytisches Wörterbuch der IPV

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Fabio Herrmanns (2003) Werk ist in Europa nicht sehr bekannt, aber seine Theorie multipler Felder und seine Kritik an unangemessen dogmatischen psychoanalytischen Strömungen erinnert durchaus an ähnliche kritische Beiträge aus Europa. In Frankreich inspirierte Herrmanns Wunsch, sich erneut auf die Stärke des Unbewussten zu besinnen und der analytischen Methode Vorrang einzuräumen, Donnets (2005) Arbeit über die Methode. Donnet betont, dass die Diskrepanz zwischen der Regel und dem Spiel das analytische Setting belebt und die Übertragungsdynamik, welche die „analytische Situation“ konstituiert, stützt. In der Europäischen Psychoanalytischen Vereinigung (EPF) haben mehrere Arbeitsgruppen, angefangen mit der Gruppe „Dem Zuhören zuhören“ von Haydée Faimberg, den Ansatz der „ Gruppe als psychisches Ganzes“ auf das Hören des psychoanalytischen Materials in der Sitzung angewandt. Diese Methode (Faimberg 2009 [1981]) schafft die Voraussetzungen dafür, die unsichtbaren, unhörbaren theoretischen und klinischen Grundannahmen zu verstehen, die der Arbeit des Analytikers zugrunde liegen. Die zweite Gruppe, entstanden auf Initiative von B. Salomonsson, arbeitete mit dessen Konzept „Weaving thoughts“ (Salomonsson 2012), einer Methode, um psychoanalytisches Fallmaterial einer Peergruppe vorzustellen, die es in freier Assoziation kommentiert. Die dritte Arbeitsgruppe wandte unter der Leitung von Evelyne Sechaud und Serge Frisch die Methode „Specificity of psychoanalysis today“ an. Hier hörte sich die Analytikergruppe einen Ausschnitt aus klinischem Material an und war dann in der Lage, die zahlreichen Facetten und Themen der Sitzung zu entkomprimieren, indem alle Beteiligten schilderten, welches Echo die vorgestellte Analyse in ihnen hervorrief (Lysebeth, Dirkx, Minazio, du Bled, Ducarme, Frisch et al. 2008). Diese drei Methoden nutzten den Vorteil der Gruppe als Resonanzboden, um dem Material, gestützt auf die Theorien Bions, Pichon Rivières, Madeleine und Willy Barangers, Donnets und Kaës’ zuzuhören. (Siehe auch die Einträge DAS UNBEWUSSTE, PROJEKTIVE IDENTIFIZIERUNG, OBJEKTBEZIEHUNGSTHEORIEN und CONTAINMENT) II. E. DIE GESCHICHTE UND DIE MODERNEN ENTWICKLUNGEN DES FELDKONZEPTES IN NORDAMERIKA Das phänomenologische Projekt wurde durch den Husserl-Schüler Aron Gurwitsch nach New York importiert. Zusammen mit dem amerikanischen Pragmatismus hat es die von Sullivan begründete interpersonale psychoanalytische Wahrnehmung maßgeblich geprägt. Wichtige Beiträge leisteten Erich Fromm, Frieda Fromm-Reichmann, Clara Thompson und Benjamin Wolstein. Zu der jüngeren Generation, die sich unmittelbarer der Weiterentwicklung einer Feldsensibilität widmete, gehören u.a. Edgar Levenson, Philip Bromberg und Donnel Stern. Das relationale Denken betont das Feldkonzept nicht als diskretes Konzept, enthält die Feldsensibilität aber als Teil seiner grundsätzlichen Orientierung und wurde von diesen Entwicklungen beeinflusst (Mitchell, Stern, Benjamin, Bass, Aron). Der

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