Enzyklopädisches Psychoanalytisches Wörterbuch der IPV

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hypochondrischen Grundlage zahlreicher Fälle von Zwangsneurose, da die Hypochondrie mit einer fehlenden Differenzierung zwischen Phantasien, Impulsen und Zonen einhergeht. Nietos Ansicht zufolge verweisen zwangsneurotische Mechanismen grundsätzlich darauf, dass das Objekt, auf welches sie sich konzentrieren, projizierte Körpererfahrungen beinhaltet, die mit Phantasien über verkörperlichte Objektbeziehungen zusammenhängen. Sie beschreibt auch eine spezifische Beziehung zwischen der zwangsneurotischen und der hypochondrischen Abwehr; diese ist charakterisiert durch (a) einen Versuch des Ichs, die hypochondrische Spaltung durch zwangsneurotische Kontrolle zu intensivieren; (b) durch Intensivierung des Zwangs, wenn die hypochondrischen Abwehrmaßnahmen zusammenbrechen; (c) durch die konkretistische, körperliche Modalität der zwangsneurotischen Abwehrmechanismen, die den Körper selbst und seine Inhalte kontrollieren sollen. Ein Beispiel ist etwa die obsessive Erforschung des Objekts durch den Geruchsinn bei der Hypochondrie – eine Technik, die sich die Gewohnheiten des Riechers oder Schnüfflers zunutze macht, um Verwirrung unter Kontrolle zu bringen. Nieto erläutert auch die Implikationen für die psychoanalytische Technik: Weil zwangsneurotische Mechanismen zweiphasig angelegt sind, muss ihre Bearbeitung diesen beiden Phasen der Regression folgen. In der ersten Phase erfolgt eine Verschiebung vom Objekt auf den Körper (oder einen Körperteil) und in der zweiten vom Körper auf einen bestimmten Gedanken oder ein Gefühl. Wenn die Deutung den körperlichen Aspekt unbeachtet lässt und versucht, psychische Phänomene direkt mit inneren Objekten in Verbindung zu bringen, bleibt sie unwirksam, weil sie die grundlegende Abwehr nicht einbezieht. VI. Al. Brasilien: Erweiterte Objektbeziehungstheorien: Ruggero Levy und Raul Hartke – Intersubjektive Dimension und Trauma Ruggero Levy (2014) erforschte die Entwicklung des Objektkonzepts von Freud bis Klein, Bion, Winnicott und Meltzer und gelangte zu dem Schluss, dass die konzeptuellen Veränderungen infolge kontinuierlicher Erweiterungen der psychoanalytischen Metapsychologie über ihre klassischen Dimensionen hinaus erfolgten (Meltzer 1984). Bei Klein betraf die Erweiterung der Metapsychologie die geographische Dimension psychischer Räume. Ihre bemerkenswerte Vertiefung des Verständnisses projektiver und introjektiver Prozesse, die zum Aufbau der inneren Welt des Babys beitragen, ermöglichte es, den ungemein wichtigen Beitrag des Objekts zur Konstruktion der Subjektivität des Subjekts zu würdigen. Später wurde die psychoanalytische Metapsychologie mit Beiträgen von Bion-Schülern um eine zusätzliche epistemologische Dimension erweitert (Meltzer 1984). Um das psychische Geschehen zu verstehen, war es notwendig, zu klären, ob es ein Lernen durch Erfahrung zulässt. Das Konzept eines containenden/transformierenden Objekts erklärt die Alpha- Funktion der Subjektivität des Subjekts, durch die es den namenlosen Gefühlen des Babys Bedeutung verleiht und sie transformiert. Laut Levy führt Bion den Erwerb neuen Wissens grundsätzlich auf die k-Verbindung (k = knowedge, Wissen), der er quais den Status eines Triebes beilegt, und die Erweiterung des symbolischen

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