Enzyklopädisches Psychoanalytisches Wörterbuch der IPV

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um das Ziel zu erreichen. Es ist nicht möglich, exakt zu beschreiben, was zu tun ist, um die relationale Freiheit zu vergrößern. Stattdessen betont Stern die Offenheit für das Unerwartete und für Überraschungen, indem man die Aufmerksamkeit auf „affektive Schwierigkeiten und Reibungen“ lenkt und sich intensiv auf die klinische Bezogenheit einlässt. Die affektive Involviertheit des Analytikers und seine bedachte Untersuchung des eigenen Erlebens ist alles, was er beitragen kann. Viele andere relationale und interpersonale analytische Theoretiker haben bemerkenswerte Beiträge zur Feldtheorie und zu Konzipierungen des Feldes geleistet. Zu dieser bunt gemischten Gruppe zählen neben vielen anderen Jody M. Davies (1996, 2003), die über multiple Selbste, Dissoziation, Enactments, aber auch über die Integration innerer Objekte und über das zeitgenössische interpersonale Feld schrieb, und Lew Aron (1995, 2005) mit seinen Arbeiten über die relationale Sichtweise der Urszene und das interpersonale Interaktionsverständnis. Jill Gentile (1998, 2008, 2010) untersuchte das Feld als Produkt der Dialektik zwischen dem A-priori und dem Intersubjektiv-Relationalen, dem Privaten und dem Öffentlichen und dem Wunsch (zu wissen) versus Zerstörung des Wunsches. Jessica Benjamin (1988, 1995, 2017) konzipiert das relationale Feld mit Blick auf die Entwicklung zwischen projektiv- identifikatorischer Komplementarität und intersubjektiver Wechselseitigkeit, zwischen Innen und Außen, und fokussiert in jüngster Zeit auf die Erfahrungsstruktur des Dritten, das wechselseitige Anerkennung fördert und das Feld aus den Beziehungen zwischen dem, der dem Anderen etwas antut, und dem, der es erleidet [doer-done-to relations] herausführt. Die Beschaffenheit der laufenden Prozesse im Feld wird somit definiert als ein Pendeln zwischen Intersubjektivität und Doer-done-to-Beziehungen. (Siehe auch die Einträge DAS UNBEWUSSTE, INTERSUBJEKTIVITÄT, SELBST, KONFLIKT)

II. Ebc. Intersubjektives Feld in der Selbstpsychologie Kohut, Lichtenberg, Stolorow und Mitarbeiter

In ihren Anfängen hat die Selbstpsychologie die ich-psychologische Betonung des intrapsychischen Fokus übernommen. Heinz Kohut (1971) ergänzte ihn um die Konzipierung einer spezifischen Beziehung zwischen dem Selbst und dem Selbstobjekt. Diesem feldbezogenen Konzept zufolge kann eine defizitäre Funktion des Selbst (etwa eine unzulängliche Fähigkeit zur Angstregulation) durch die umwandelnde Verinnerlichung dieser Funktion, die das Selbst vom Objekt übernimmt, geheilt werden. Man hat diese Beziehung zwischen einem Selbst, das durch die Aktivität des Selbstobjekts Kohärenz erlangt, als „Eine-und-eine-halbe-Person-Psychologie“ bezeichnet. An dieser ursprünglichen Konzipierung wurden zwei wesentliche Revisionen vorgenommen. Da wäre zum einen eine Betonungsverschiebung von der Sprache und der Strukturhypothese zu einer erfahrungsnahen Theorie ( Lichtenberg 1975, 1979,

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