Enzyklopädisches Psychoanalytisches Wörterbuch der IPV

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äußeren Umwelt befinden. Diese Brücken zwischen innerer und äußerer Welt ermöglichen es der Psychoanalyse, sich von den Mythen zu nähren, die Teil der lateinamerikanischen Identität sind – ein Thema, das von der Psychoanalyse (Santamaria Fernandez 2000) ebenso wie von der Soziologie (Tünnermann Bernheim 2007) untersucht wurde. Alberto Cabral (2017) traf eine Unterscheidung zwischen Autoren, mit denen man lediglich eine zeitliche Nähe teilt, und denen, die aufgrund ihrer Fähigkeit, die Subjektivität ihrer Zeit sowie deren Schatten wahrzunehmen, als Zeitgenossen betrachtet zu werden verdienen. Die Fähigkeit Pichon Rivières, die konzeptuelle Nützlichkeit des „linked Self“, des „verbundenen Selbst“, zu erkennen und eine Brücke zwischen Psychoanalyse und Sozialpsychologie zu schlagen, macht ihn zu einem wahren Zeitgenossen. VII. B. The 1980er, die 1990er und die Anfänge des 21. Jahrhunderts Roberto Doria Medina Eguía , einer der ersten argentinischen Psychoanalytiker, die in Argentinien die Ich- und die Selbstpsychologie studierten, untersuchte die Beziehung zwischen der Psychopathologie der Perversionen, der Borderline-Störung, dem Agieren und dem falschen Selbst bei weiblicher Homosexualität (Doria Medina Eguía und Raggi de Leonetti 1980). Jorge García Badaracco (1986) hielt auf dem IPV-Kongress von 1985 einen Vortrag mit dem Titel“Identification and its vicissitudes in psychoses: the importance of the concept of ‘maddening object’”, in dessen Rahmen er auch die Beziehung zwischen seinem eigenen Konzept des „maddening object“, des „verrückt machenden Objekts“, und den Konzeptualisierungen des Selbst durch Winnicott und Kohut erläuterte (siehe den Eintrag OBJEKTBEZIEHUNGSTHEORIEN). Anknüpfend an sein Buch “La psicología psicoanalítica del self” [„Psychoanalytische Selbstpsychologie“], in dem Juan Miguel Hoffmann (1979) Kohuts Überlegungen zur Entwicklung und Pathologie des Selbst sowie zu den klinischen Manifestationen der narzisstischen Persönlichkeitsstörung diskutierte, leitete er 1989 mit “La teoría del self como posible nexo entre investigación empírica y clínica psicoanalítica”[„Die Theorie des Selbst als mögliche Verbindung zwischen empirischer Forschung und psychoanalytischer Klinik“] die psychoanalytische Erforschung des Selbstkonzepts ein. Anfang der 1990er Jahre führte eine von den Kohut-Experten Ethel Cayssials de Casarino und Marcelo Casarino organisierte Gruppe argentinischer Psychoanalytiker Seminare über die Erforschung des Selbst durch. Sie veröffentlichte vier Jahrbücher, das erste davon im Jahr 1995, nämlich „Why a Psychology of the Self?“ von Marcelo Casarino (1995). Ein Jahr später erschien „The Self and the Person in the thought of Heinz Kohut” von Ethel Cayssials de Casarino (1996). 1997 besuchten Paul und Anna Ornstein Buenos Aires. Ihre transkribierten Seminare wurden ebenfalls

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