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“Freud verfiel damals darauf, an ihre Stelle [an die Stelle der Hypnose] die Methode der freien Assoziation zu setzen, d. h. er verpflichtete die Kranken dazu, auf alles bewußte Nachdenken zu verzichten und sich in ruhiger Konzentration der Verfolgung ihrer spontanen (ungewollten) Einfälle hinzugeben (‘die Oberfläche ihres Bewußtseins abzutasten’). Diese Einfälle sollten sie dem Arzt mitteilen, auch wenn sie Einwendungen dagegen verspürten, wie z. B. der Gedanke sei zu unangenehm, zu unsinnig oder zu unwichtig oder er gehöre nicht hieher.” (S. 410) Sodann erörtert er ausdrücklich den unfreien Charakter der Grundregel: “Freud wurde dabei von der Erwartung geleitet, daß sich die sogenannte freie Assoziation in Wirklichkeit als unfrei erweisen werde, indem nach der Unterdrückung aller bewußten Denkabsichten eine Determinierung der Einfälle durch das unbewußte Material zum Vorschein käme. Diese Erwartung ist durch die Erfahrung gerechtfertigt worden.“ (S. 410f.; Hervorhebg. ergänzt) Unmittelbar im Anschluss daran gibt Freud zu verstehen, dass die „Assoziation“ der Einfälle keine Aktivität ist, die allein vom Patienten ausgeht, sondern dass ihr die Deutungsaktivität des Analytikers zur Seite tritt: “Durch die Verfolgung der freien Assoziation unter Einhaltung der oben gegebenen ‘analytischen Grundregel’ erhielt man ein reiches Material von Einfällen, welches auf die Spur des vom Kranken Vergessenen führen konnte. Dies Material brachte zwar nicht das Vergessene selbst, aber so deutliche und reichliche Andeutungen desselben, daß der Arzt mit gewissen Ergänzungen und Deutungen das Vergessene daraus erraten (rekonstruieren) konnte. Freie Assoziation und Deutungskunst leisteten also nun das Gleiche wie früher die Versetzung in Hypnose.” (S. 411). Im Kontext der neu eingeführten Strukturtheorie (zweite Topik) des Es, Ichs, und Über- Ichs werden Abwehrmechanismen und Widerstände als Reaktion des Ichs auf (das Signal der) Angst verstanden. Als Freud die Widerstände nach ihrem Ursprung im Ich, Es bzw. Über-Ich unterschied, ging er infolgedessen davon aus, dass die klinische Technik der freien Assoziation zum Durcharbeiten der Widerstände auf dem Ich als dem einzigen Sitz der Angst beruhe (Freud 1923b, 1926d; Busch 1992, 1993, 1995). Die Strukturtheorie (zweite Topik) veranlasste Freud (1926d), die komplexen Konfliktverhältnisse zwischen den psychischen Instanzen (Ich, Es und Über-Ich) gründlicher zu untersuchen, da sie bestimmten Abwehrhaltungen Vorschub leisten, die eine spezifische Symptomatik fundieren und den Widerstand gegen das freie Assoziieren beeinflussen. So schrieb er: „Wir haben alle die Erfahrung gemacht, daß es dem Zwangsneurotiker besonders schwer wird, die psychoanalytische Grundregel zu befolgen.
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