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diagnostischen Spektrums arbeiteten und auf der Grundlage dieser Behandlungen ihre Theorien entwickelten, der relativ expressiven Passivität der Freud’schen Methode des freien Assoziierens eine „aktive Technik“ gegenüber, die aus aktiven Interventionen des Analytikers bestand. Zu dieser Technik zählten: 1. Aufgaben und Gebote, durch die verdrängte Triebstrebungen in manifeste Handlung umgewandelt wurden. 2. Verbote, welche die Handlungen, in die die verdrängten Impulse konvertiert worden waren, untersagten. 3. Festlegen eines Beendigungstermins mit dem Ziel, die Trauer über unerreichbare Triebziele zu fördern. Obwohl Ferenczi (1926) die aktive Technik später aufgab, klingt das Echo der Freud-Ferenczi-Kontroverse über die Verwendung der freien Assoziation in heutigen behandlungstechnischen Diskussionen weiterhin an, wobei auch die Frage eines zentralen oder aber peripheren Stellenwertes der freien Assoziation in der psychoanalytischen klinischen Methode umstritten ist. In einem Brief an Freud vom 25. Dezember 1929, nach der Entfremdung, öffnete Ferenczi sein Herz und schrieb, er fühle sich nun „frei“. In derselben Zeit beginnt er, seine technischen Überlegungen zu formulieren. Im „klinischen Tagebuch“ (Ferenczi 1999 [1985]) von 1932 arbeitet er diese Überlegungen weiter aus und erklärt: „Gewisse allzuharte [sic] Maßnahmen müssen gemildert werden, ohne die erzieherische Nebenabsicht ganz aus dem Auge zu verlieren“ (S. 13). Die von Ferenczi empfohlene aktive Technik ist keine originäre Technik, die das klassische Freud’sche Verfahren ersetzt. Sie ist vielmehr eine auxiliäre Technik, welche die klassische ergänzt. Dies umso mehr, wenn es mit der klassischen Freud’schen Technik nicht möglich ist, den Kontakt und die Nähe herzustellen, die für die analytische Beziehung insbesondere im Fall der schwierigeren und traumatisierten Patienten notwendig sind, mit denen Ferenczi arbeitete. So erläuterte er in einer seiner früheren Schriften, seine Vorschläge bezweckten, "die Patienten durch gewisse Kunstgriffe in die Lage zu versetzen, die Regel der freien Assoziation besser einhalten und hiedurch die Erforschung des unbewußten psychischen Materials fördern oder beschleunigen zu können. Auch bedarf es dieser Kunstgriffe nur in gewissen Ausnahmsfällen. Bei den allermeisten Kranken läßt sich die Kur ohne besondere ‘Aktivität’ seitens des Arztes oder des Patienten durchführen, und auch in den Fällen, in denen man aktiver vorzugehen hat, soll sich diese Einstellung auf das allernotwendigste Maß beschränken. Sobald die Stockung der Analyse die eigentliche Rechtfertigung und das Motiv der Modifikation überhaupt, [sic] überwunden ist, wird sich der Sachkundige schleunigst auf den passiv-rezeptiven Standpunkt zurückziehen, der auch für das Unbewußte des Arztes die günstigsten Bedingungen zur werktätigen Mitarbeit schafft." (1921, S. 233) Ferenczi weist zwar darauf hin, dass es keine Neurosenform gebe, bei der sich die Anwendung der aktiven Technik nicht empfehle, hebt aber auch hervor, dass sie erst
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